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Brandrodung ist jedes zweite Mal Bauernwerk

■ WWF fürchtet Diskriminierung von Ureinwohnern nach Regenwald-Bericht

Washington (IPS) – 29 Hektar Wald sind 1995 in jeder Minute der Brandrodung zum Opfer gefallen – soviel wie 40 Fußballfelder. Das hat die Konsultativgruppe für internationale Landwirtschaftsforschung (CGIAR) für ihren jüngsten Bericht ermittelt, der Anfang August in Washington vorgestellt wurde. Der von der Welternährungsorganisation (FAO) dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), dem UN-Umweltprogramm (UNEP) und der Weltbank finanzierten CGIAR gehören 52 Länder, internationale Organisationen und private Stiftungen an.

Trotz wachsender weltweiter Aufmerksamkeit und globaler Bemühungen schrumpften die tropischen Wälder damit allein 1995 um 15,4 Millionen Hektar. Ureinwohner und Subsistenzbauern seien für die Hälfte der Rodungen verantwortlich, die andere Hälfte schreibt der Bericht skrupellosen Holzunternehmen zu.

Umweltschützer haben nach der Veröffentlichung des CGIAR- Berichts davor gewarnt, Ureinwohner und arme Subsistenzbauern zu Sündenböcken zu stempeln. Regierungen in einer Reihe von Ländern „werden solche Schlagzeilen dazu benutzen, die Landansprüche und Siedlungsrechte von Ureinwohnern in Frage zu stellen“, kritisierte etwa die WWF-Expertin Seymour.

Ureinwohner seien dagegen nach wie vor „die besten Hüter des Waldes“. Für die Brandrodung von Neubauern seien die Holzkonzerne zudem häufig mitverantwortlich. Die Frage stehe im Raum, ob die Brandrodungsbauern nicht lediglich den Holzunternehmen folgten, die zuvor schon die Wälder verwüstet hätten.

Auch die UN-Experten hatten geschrieben, daß nicht alteingesessene Wanderbauern, sondern verarmte Neuankömmlinge aufgrund ihrer Unkenntnis für den Großteil der jährlich rund zehn Millionen Hektar durch Brandrodung zerstörten Waldes verantwortlich sind. Selbst der CGIAR-Vorsitzende Ismail Serageldin räumte ein, daß traditionell betrieben die Technik der Wanderbauern funktioniere. Dabei rotiere nämlich die Kultivierung zwischen einigen Stücken Land, die zwischendurch immer wieder Zeit hätten, sich zu erholen, so daß die Fläche insgesamt nicht ausgeweitet werde. Viele arme Landlose drängten aber zusätzlich in den Wald.

Die UN-Experten empfehlen als Strategie gegen die Brandrodung eine Ausbildung der Bauern in intensiver Landwirtschaft. Doch auch hier ist Seymour skeptisch. Das Ausmaß, in dem verbesserte landwirtschaftliche Methoden die Abholzungsrate positiv beeinflussen können, hänge wesentlich davon ab, wie der Landbesitz verteilt ist. Wenn der größte Teil der Ackerfläche in einer bestimmten Region sich in den Händen weniger Großgrundbesitzer befinde, bringe ein Intensivierung der Produktion nur wenig.

Internationale Kampagnen haben bislang nicht die Zerstörung des Regenwalds aufhalten können. Dies liege vor allem daran, daß sie halbherzig und unausgegoren gewesen seien, so der Umweltjurist David Hunter vom Washingtoner Zentrum für internationales Umweltrecht. „Es gibt nicht einmal eine nennenswerte internationale Konvention, geschweige denn wirkliche Selbstverpflichtungen.“

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