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Mit Macht an die Macht

Krista Sager kandidiert gegen Jo Müller: Sie will nicht nur Hamburger Spitzenkandidatin, sondern auch Parteichefin werden  ■ Von Silke Mertins

Joschka Fischer wird sich eine neue Sprecherin für die Bundesgrünen suchen müssen: Krista Sager kandidierte gestern abend im GAL-internen Realo-Kungelgrüppchen „Sofa-Kreis“ als Hamburger Parteichefin. Damit hat sich die GALionsfigur Sager für ein Comeback an der Elbe und gegen eine erneute Kandidatur in Bonn entschieden. Bekommt sie den erwarteten „Sofa“-Segen, wird sie heute in Bonn bekanntgeben, daß sie für eine Wiederwahl als Bundessprecherin nicht zur Verfügung steht.

„Krista mußte mühsam gewonnen werden“, sagte der GAL-Fraktionsvorsitzende und Sager-Intimus Willfried Maier. Er habe verhindern wollen, daß sie im Vorwahlkampf eine „von der Presse stark nachgefragte Privatfrau wird“. Denn Sager und die Hamburger GAL befanden sich in einer Zwickmühle: Wenn die Realo-Politikerin die GAL-Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahlen 1997 wird, kann sie sich nicht gleichzeitig im kommenden November als Bonner Parteisprecherin wiederwählen lassen. Sie müßte den Wahlkampf nicht nur ohne Job, sondern auch ohne grünes Parteiamt antreten.

Die Lösung für das Dilemma bot die Entscheidung der GAL-Mitgliederversammlung im vergangenen Juni: Als eine der letzten grünen Landesparteien soll nun auch in Hamburg ein bezahltes SprecherInnen-Duo den elfköpfigen, kaum in Erscheinung tretenden Landesvorstand ablösen. Während die Parteilinke sich auf Antje Radcke aus Hamburg-Nord einigte, brachten sich auf seiten der Realos der Hamburger-Rundschau-Chef Jo Müller und der Wissenschaftler Heinz Spilker ins Gespräch. Spilker zog wegen Sagers Kandidatur zurück. Doch der als polarisierend geltende Müller trat auch gestern gegen die Spitzenpolitikerin an. Die eigentliche Wahl der beiden SprecherInnen findet auf der GAL-Landesmitgliederversammlung am 24. August statt.

Fraktions-Chef Maier verspricht sich von einer Sprecherin Sager zudem, daß das neu geschaffene Parteiamt durch ihre Prominenz angemessen eingeführt wird.

Als Hamburger Spitzenkandidatin ist das ins Bonner Exil gegangene Nordlicht hingegen unumstritten. „Es ist nicht gut, wenn ich zur einzigen großen Figur der Hamburger Grünen werde“, sagte Krista Sager bei ihrem Abgang nach Bonn vor zwei Jahren. Doch nachgewachsen ist in der GALischen Post-Sager-Ära wenig. Gleichzeitig wird die 43jährige auf ihrem Bonner Posten zwischen dem linken Parteisprecher Jürgen Trittin und dem Realo-Fraktionschef im Bundestag, Joschka Fischer, zerrieben. Harte Kost für eine, die es gewohnt war, sich politisch durchzusetzen. Daß die Hamburger Grünen nach ihr schreien, macht den Abschied aus Bonn umso leichter. „Wir brauchen eine Spitzenkandidatin, die ein Profi ist und die Hamburg kennt“, fleht Maier gen Süden. „Wir sind keine Newcomer-Partei mehr, die sich allein mit einem lebhaften, klugen Gesicht profilieren kann.“ Und für ihn kann nur eines daraus folgen: Krista Sager muß mit Macht an die Macht.

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