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Hilfssheriffs in Coca-Cola-Town

■ Zwei Bremer Polizeibeamte schoben im olympischen Dorf Wache

„Säkjuriti. Olümpik Games“, sagt Hauptkommissar Klaus Behler im besten Englisch und zeigt auf eine schimmernde Plakette an seiner Brust, auf der die olympische Fackel lodert. Das ist ein „Blechbutton“, weiß der 57jährige, „der ja in Amerika üblich ist, wie Sheriffsterne und so.“ Gemeinsam mit Schutzpolizist Bernd Mählmann kehrte der 57jährige Bremer jetzt aus Atlanta zurück. Fünf Wochen lang umzingelten sie als internationale Sicherheitsmänner das olympische Dorf. Die Bremer wurden vom Olympischen Komitee gemeinsam mit 48 anderen deutschen Polizeibeamten ausgewählt. Wie wandelnde Schildkröten müssen die beiden Ordnungshüter vor dem Dorf Waffe geschoben haben: Auf dem Kopf trohnte ein ausladender brauner Tropenhut, die grüne Tuchhose wurde jeden Morgen auf Buntfalte gebügelt, im weißen Polyester-Hemd schwitzten die beiden Ordnungshüter bei über 40 Grad. 10 Stunden lang standen sie sich als „zivile Ordnungshüter“ die Beine in den Bauch. Den Flug zahlten sie aus eigener Tasche. Wenn Ärger drohte, forderten sie „manpower“ von den bewaffneten Amis an. Schließlich sollte Atlanta der „sicherste Ort der Welt sein“, so hatte es das Olympische Komitee (ACOG) beschlossen. „Schlafenderweise“ hat Bernd Mählmann die Bombennacht vom Centennial Park verbracht, während Kollege Klaus sich mit drei Australierinnen vergnügte. Als die beiden am nächsten Morgen ihren Dienst antraten, war klar: „Die Sicherheitsschraube muß zugedreht werden“, so Behler. Nervige Röntgenaufnahmen und Leibesvisitationen hätten die Amis dann auch „wunderbar akzeptiert“.

Überhaupt: Die Amis. Für Behler sind sie „hervorragend freundliche Leute“, die die „notwendige Disziplin im öffentlichen Bereich“ voll beherrschen. Daß diese Menschen auf das Kommando „line up“ so vorbildlich vor Bus und Bahn Schlange stehen, findet der 57jährige „äußerst beachtlich“. Doch so sehr sie auch auf Sicherheit setzen, mit Kondomen scheinen die US-Amerikaner eindeutig auf Kriegsfuß zu stehen. Denn was sich an einem Abend unter leuchtenden Coca-Cola-Schirmchen zugetragen haben muß, findet Behler „äußerst befremdend“. Während ein bayrischer Polizeigewerkschaftler lässig grüne Kondome verteilte, schrien die amerikanischen Blätter Zeter und Mordio. „Bei den Deutschen geht es zu wie im Tollhaus“, mußten die beiden soliden Beamten da als Schlagzeile lesen. Dabei hatte die bayrische Polizei die grünen Verhüterlis doch liebevoll mit der Aufschrift „Wir setzen auf Sicherheit“ und dem bundesdeutschen Polizeistern versehen. Daß sich die alkoholisierte Truppe aber dazu hinreißen ließ, die sicheren Verhüterlis mit Bier zu füllen und auf dem Boden zerplatzen zu lassen, „das ging denen dann wohl doch zu weit“, folgert Behler und zwinkert mit den Augen.

Daß die Amis hart durchgreifen, mußten die Bremer Beamten eines Morgens vor Dienstbeginn feststellen. „Die hatten einfach einen Wohnblock von Farbigen vor dem olympischen Dorf plattgemacht“, erzählt Dehler. Denn dort sei gefeiert und einige Schüsse Richtung olympisches Dorf abgefeuert worden. „Soziale Spannungen“ zwischen „Weißen“ und „Farbigen“ nennt Behler das und fügt nachdenklich hinzu: „Schüsse, die kommen doch in Atlanta jeden Tag vor.“ kat

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