: „So kann jeder bauen“
■ Bremens erstes Öko-Bürohaus will Ökologie mit Ökonomie unter einem Dach vereinbaren
Der Rohbau am Rande des Universitätsgeländes wirkt unscheinbar. Ein dreistöckiger Rundbau mit zweistöckigen Flügeln entsteht dort. Noch ist das Gebäude eingerüstet, heute ist Richtfest. Doch schon jetzt haben sich Besucher aus ganz Niedersachsen angemeldet, von Stadtwerken bis zu interessierten Schülergruppen, erzählt der Bauherr, dabei ist das Gebäude erst im Dezember fertig. Denn hier, am Hochschulring, entsteht Bremens erstes Öko-Bürogebäude.
Das Haus ist nach den modernsten baubiologischen und ergonomischen Gesichtspunkten konzipiert worden. Teile des Daches sind begrünt, der Rest mit einer Photovoltaikanlage versehen. Das Bürohaus ist mit einem neuartigen Lüftungssystem versehen, verfügt über eine besonders hohe Wärmedämmung, und große Fensterfronten lassen soviel Licht wie eben möglich in das Haus einfallen.
Bauherr und Nutzer des 1400 Quadratmeter großen Bürohauses ist Dr. Günther Diekhöner mit seinem Centrum Innovativer Produktentwicklung (CIP), ein Technologie-Dienstleistungsunternehmen mit 20 Mitarbeitern.
Mit dem Öko-Bürohaus, darauf legt Diekhöner wert, wird kein utopisches Zukunftsmodell auf Bremer Boden gebaut. Das Projekt sei wirtschaftlich sinnvoll, es rechne sich, so Diekhöner: „Jeder kann so bauen!“
Die gesamten Baukosten sollen sich am Ende auf etwa fünf bis sechs Millionen Mark belaufen. Auf den Quadratmeter umgerechnet sind das etwa 3600 bis 4300 Mark - nur unwesentlich über den aktuellen Marktpreisen für konventionelle, hochwertige Büroflächen. Wenn man Umweltaspekte von vornherein ordentlich einplane, sind solche Preise möglich, ist Diekhöner überzeugt: „Ökologisch bauen heißt nicht teuer bauen!“. Leider sei diese Erkenntnis noch nicht allzuweit verbreitet, viele Unternehmen scheuten vor ökologischen Technologien noch zurück.
Auf der Kostenseite spart die CIP 20 bis 25 Prozent ihrer Heizkosten ein, und die Photovoltaik-Anlage erzeugt fast die Hälfte, etwa 45 bis 50 Prozent, des eigenen Stromverbrauchs. Unter dem Strich, ist sich Diekhöner sicher, koste das Öko-Bürohaus nicht mehr als jedes konventionell errichtete Bürogebäude.
Finanziert wurde das Haus im übrigen ohne einen Pfennig öffentlicher Gelder. „Die haben mir gesagt, ich könne entsprechende Anträge stellen, Geld aber gibt es nicht“, berichtet Diekhöner von seinen Erfahrungen mit den Behörden des Landes Bremen. Einzig eine Studie wurde durch die Energieleitstelle bezahlt.
Stolz ist Diekhöner auf die ökologischen Leistungsdaten seines neuen Bürohauses. Die Photovoltaikanlage ist mit einer Leistung von 10 Kilowatt die größte Einzelanlage in Norddeutschland. Der Raumwärmebedarf des Gebäudes soll bei etwa 25 bis 35 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegen. Der Standard für Niedrigenergiehäuser liegt heute bei 50 Kilowattstunden, der Durchschnittsverbrauch in Deutschland bei 200 Kilowattstunden. Verantwortlich dafür sind die 40 Zentimeter dicken Wände, vor allem aber eine hohe Wärmerückgewinnung von 60 Prozent, die mit einer neuartigen Luftzirkulation verbunden wird. Durch einen leichten Unterdruck wird dem Gebäude ständig frische Luft zugeführt.
Mauerwerk und die Säulen aus Beton werden im Innern mit einem feuchtigkeitsaufnehmenden Spezialputz verziert, von außen schmückt sich das Gebäude mit Glas und ökologisch erzeugtem Torfbrand.
Dafür, daß sie sich in ihrem neuen Büro wohlfühlen werden, haben die 20 MitarbeiterInnen beim CIP selbst gesorgt. Sie wurden alle vor der Planung des neuen Büros nach ihren Vorstellungen über einen idealen Arbeitsplatz befragt. Die Ergebnisse dieser Befragung wurden in der Planung berücksichtigt. Nicht zuletzt deshalb sind die Räume 3,50 Meter hoch („das wirkt doch viel freier“) und die Fenster besonders groß.
Am 6. Januar 1997 ist die offizielle Eröffnung, nach nur 10 Monaten Bauzeit. Das Centrum Innovativer Produktentwicklung, das Diekhöner als „Denkfabrik für moderne Technologie, eine Schnittstelle zwischen Forschung und Betrieben“, wird dann im neuen Öko-Büro Firmen beim Einsatz neuer Technologien in der Produktion beraten oder auch Schulungen durchführen. Ein gutes Beispiel für den Einsatz ökologischer Technologie zeigt sich den Unternehmen dann gleich an Ort und Stelle.
lore
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