piwik no script img

Lieber saugen statt spülen

■ Wassersparen mit dem Vakuum-Klo: Was in Flugzeugen und Schiffen längst Usus ist, wird jetzt in Norderstedt erprobt Von Heike Haarhoff

„Nein, das ist eine ganz normale Toilette. Und als die bei uns eingebaut wurde, war es auch keine große Umstellung.“ Blöde Frage, blöde Antwort. Tanja Matuschek ist ein wenig genervt. Verständlicherweise: Zu viele neugierige Umwelt-, Energie- und Öko-Typen haben ihr in den vergangenen Wochen die Bude eingerannt, um das wassersparende Vakuum-Klo in der Hausmeister-Wohnung der „Wobau“-Siedlung in Norderstedt ungläubig zu bestaunen.

Statt der „herkömmlichen“ zehn verbraucht die Öko-Toilette nur 1,5 Liter Wasser pro Spülung. Und daß so etwas funktioniert und auch noch hygienisch sein soll, glauben die meisten eben erst, wenn sie es mit eigenen Augen gesehen haben.

Dabei ist das System gar nicht so revolutionär: In Flugzeugen und auf Schiffen hat es sich seit 25 Jahren bewährt. Vor vier Jahren wurde die Vakuum-Sanitär-Technik dann erstmalig auch im Rahmen des Pilotprojekts „Ökologisches Bauen“ im Wohnungsbau eingesetzt, das vom Bund und vom Land Schleswig-Holstein gefördert wird. Beteiligte Firmen sind die Wobau, Eigentümerin der zwölf Modell-Wohnungen, und die Hamburger Triton-Belco, Herstellerin der Vakuum-Toiletten.

Deren Wasserverbrauch ist so gering, weil das Abziehen nicht – wie bisher – durch die Wassermenge und -kraft erfolgt, sondern durch den Unterdruck im Rohrsystem: Genau wie im Flugzeug hat die Vakuum-Toilette kein Knie, sondern einen Sperrverschluß, hinter dem eine Abflußleitung liegt. Der Unterdruck in dieser Leitung wird durch eine Vakuum-Pumpe erzeugt und saugt den Inhalt der Toilettenschüssel an .

Wasserwerke, Länder und Kommunen hoffen seit langem auf die Ablösung der wasserverschlingenden Spültoiletten, denn mit mehr als 30 Prozent des Wasserverbrauchs sind sie der größte Posten im Haushaltsbereich. Wegen des geringeren Trinkwasser-Verbrauchs haben Vakuum-Toiletten den Vorteil, auch weniger Abwasser zu erzeugen und damit Energie einzusparen. Insofern amortisieren sich die Zusatzkosten, die beim Einbau entstehen (rund 4200 Mark), nach wenigen Jahren.

„Wenn die Leute wissen, wieviel sie eigentlich verbrauchen und wieviel sie sparen können, konsumieren sie auch automatisch weniger. Das muß ihnen aber erstmal bewußt werden“, gibt Hans-Werner Krüger von den Hamburger Wasserwerken (HWW) zu bedenken. Aus diesem Grund starteten die HWW 1987 im Zuge der Änderung der Hamburgischen Bauordnung ein Projekt, in jede Wohnung einen eigenen Wasserzähler einzubauen. Zuvor hatte es in Mehrfamilienhäusern jeweils nur einen zentralen Wasserzähler gegeben; der Gesamtverbrauch wurde anteilig auf die Mietparteien umgelegt. Die Prognose bestätigte sich: In den Haushalten ging der Wasserverbrauch nach dem Einbau der Zähler um etwa 15 Prozent zurück, während Haushalte ohne Zähler weiterhin rund 137 Liter Wasser pro Tag und Person verbrauchten. Bislang sind 60.000 Mietwohnungen mit Zählern ausgestattet; bis zum Jahr 2004 soll das Hamburger Programm flächendeckend abgeschlossen sein.

Das Hamburger Trinkwasser wird ausschließlich aus Grundwasser-Vorräten gewonnen. 1994 verbrauchten die HamburgerInnen davon 150 Millionen Kubikmeter. Der Anteil der privaten Haushalte machte 50 Prozent aus. Verglichen mit den 80er Jahren ist dieser Umgang mit dem Wasser noch recht „sparsam“: Damals flossen in Hamburg jährlich zwar auch rund 150 Millionen Kubikmeter Wasser in den Abfluß, aber es gab „in der Stadt mindestens 80.000 Einwohner weniger als heute “, sagt Hans-Werner Krüger und folgert daraus, daß sich „inzwischen das Bewußtsein geändert hat und mehr wassereinsparende Geräte und Armaturen benutzt werden.“ Hoffentlich!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen