: „Maximal 24 Stunden“
■ Lübecker Brandanschlag: Streit um Brandspuren bei drei Verdächtigen
Ankläger als Verteidiger: Die Lübecker Staatsanwaltschaft versucht nach Informationen des Spiegel Verdachtsmomente gegen vier junge Männer aus der rechten Szene auszuräumen, deren Rolle beim Brandanschlag auf ein Lübecker Asylbewerberheim Anfang dieses Jahres ungeklärt ist. Die Jugendlichen waren in der Brandnacht mehrfach in unmittelbarer Nähe des Tatortes gesehen worden. Bei dem Feuer am 18. Januar waren zehn Menschen getötet und weitere 38 verletzt worden.
Am Tag nach der Brandkatastrophe hatte ein rechtsmedizinisches Gutachten bei dreien der vier zwischenzeitlich Festgenommenen „im Bereich des Kopfhaares, der Augenbrauen und der Wimpern Hitzeschädigungen im Sinne von versengten Haarenden“ attestiert, die „maximal 24 Stunden alt“ gewesen sein könnten. Auf Antrag der Ermittler hat das Lübecker Landgericht vor wenigen Tagen eine Gegenexpertise in Auftrag gegeben. Die Ermittler wollen beweisen, „daß die festgestellten Spuren – ohne Einschränkung – mehrere Tage alt sind“.
Denn die abenteuerlich anmu-tenden Erklärungen der Jugendlichen – einer will einen Hund angezündet, ein anderer sein Feuerzeug an einen Mofa-Tank gehalten haben – passen nicht zu dem 24-Stunden-Befund: Die haarigen Feuer-spuren sollen danach in allen Fällen schon mehrere Tage vor dem Brandanschlag entstanden sein.
Der Grund für die staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten: Nachdem das Lübecker Landgericht Anfang Juli die von der Staatsanwaltschaft behaupteten Alibis der vier Mecklenburger in Frage gestellt und den verdächtigen Libanesen Safwan Eid mangels dringenden Tatverdachts aus der Haft entlassen hatte, waren die vier „Grevesmühlener“ als mögliche Brandstifter erneut in die Diskussion gekommen. Die Staatsanwaltschaft hält jedoch daran fest, daß nur Safwan Eid, dem ab dem 16. September in Lübeck der Prozeß gemacht wird, als Brandstifter in Frage komme.
Marco Carini
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