■ Jordanier protestieren gegen stark erhöhte Brotpreise: Warten auf die Friedensfrüchte
König Hussein hat den Feind im Osten ausgemacht: Auslöser für die Unruhen im haschemitischen Königreich seien nicht gestiegene Brotpreise, sondern „Anhänger der irakischen Baath-Partei“. So einfach ist es mit Schuld und Verantwortung: Die Drahtzieher sitzen ganz einfach in Bagdad. Allein: Es bleibt das Geheimnis des Monarchen, warum Saddam Hussein seine Anhänger ausgerechnet in einem südjordanischen Wüstenkaff mobilisiert hat und weshalb Baathisten neuerdings nicht mit der panarabischen Fahne wedeln, sondern mit Fladenbrot.
Dabei könnte Hussein seine Vorwürfe wesentlich plausibler gen Westen formulieren: nach Israel. Von dort stehen ihm noch etliche Millionen vertraglich zugesicherter Dollar zu – die „Früchte des Friedens“. Hussein ist außer ein wenig Verschwendung im privaten Bereich keine besondere Mißwirtschaft vorzuwerfen. Denn daß Jordanien arm ist, liegt in erster Linie daran, daß es über keine natürlichen Reichtümer verfügt. Bodenschätze und bestellbares Land hat das Wüstenreich so gut wie nicht aufzuweisen; bis auf die Devisen weniger Studientouristen verfügt das Land über keine nennenswerten Einnahmequellen.
Kapital liefert dem Königshaus vor allem die internationale Politik. Weil Jordanien die längste Grenze zu Israel hat, unterstützten jahrelang arabische Herrscherhäuser das Königreich. Nachdem es sich im Krieg um Kuwait nicht auf die Seite der Anti-Irak-Allianz schlug, bekam es zudem Öl aus irakischen Pipelines. Als König Hussein vor zwei Jahren politisch umsprang und einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnete, erhoffte er sich auch Unterstützung: Tatsächlich versprach Israel großzügige Finanzhilfen. Doch die gibt es bis heute nur auf dem Papier.
Daß jetzt der Internationale Währungsfond auf die Abschaffung von Lebensmittelsubventionen besteht, berührt die politische Stabilität des Königreichs. Die wirtschaftliche Lage ist miserabel und die politische Unzufriedenheit größer denn je. Die Unruhen sollten in Israel hektische Überweisungstätigkeiten auslösen. Denn weite Teile der jordanischen Bevölkerung (über 60 Prozent sind Palästinenser) sind gegen die Israelpolitik Husseins. In den jordanischen Parlamenten sitzen bereits die Muslimbrüder. Sollte der König stürzen, wird die Geschichte mit den irakischen Baathisten vielleicht doch noch Realität. Thomas Dreger
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