: Deutsche Hilfe für Gaddafis Giftgas bestätigt
■ Staatsanwaltschaft: Mönchengladbacher Firmen lieferten High-Tech an Libyen
Mönchengladbach (taz) – Die Mönchengladbacher Staatsanwaltschaft hat gestern die illegale Lieferung von deutscher Technik für das libysche Chemiewaffenprogramm bestätigt (siehe taz von gestern). Die computergesteuerten Automatisierungssysteme der Firma Siemens im Wert von insgesamt 3,2 Millionen Mark wurden zwischen 1990 und 1993 von zwei Mönchengladbacher Firmen über Antwerpen nach Tripolis verschifft. Mit entsprechender Software können die Geräte zur Mischung von Giftgasen und damit zur Herstellung von C-Waffen verwendet werden.
Bei Durchsuchungen in neun Objekten in Deutschland und fünf Häusern in Belgien fielen den Ermittlungsbehörden rund 15.000 Seiten Belastungsmaterial in die Hände. Zwei der mutmaßlichen Drahtzieher des Deals, der Geschäftsführer der Firmen CSS Semiconductor Equipment GmbH und Indicator Datenverarbeitungsservice GmbH, Udo Buzkowski, und der ehemalige Gesellschafter von CSS, Detlef Crusius, wurden bereits am 9. August verhaftet. Ein dritter, der armenischstämmige Deutsche Berge Balanian, soll sich am Montag vergangener Woche von seinem belgischen Wohnort nach Libyen abgesetzt haben – drei Tage nachdem deutsche Behörden einen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt hatten. Der 62jährige war den Sicherheitsbehörden bereits seit Anfang der 80er Jahre einschlägig bekannt. Schon damals soll er an einem gescheiterten Beschaffungsversuch beteiligt gewesen sein.
Die Ermittlungen in dem aktuellen Fall laufen seit November letzten Jahres. Im Rahmen eines Konkursverfahrens gegen die CSS hatte ein Mitarbeiter der Firma den Ermittlern erste Angaben über die illegalen Geschäfte gemacht. Balanian war an der CSS als stiller Teilhaber beteiligt. CSS und Indicator haben die Siemens-Anlagen geordert und in Mönchengladbach teilweise montiert und seetauglich verpackt. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Ralf Möllmann ging die heiße Fracht über eine Scheinfirma des gesuchten Balanian in Brüssel mit einer belgischen Spedition nach Antwerpen. Dort wurde sie von einer staatlichen libyschen Reederei nach Tripolis verschifft. Die Hardware ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft geeignet, um an die von der deutschen Firma Imhausen schon in den 80er Jahren nach Libyen gelieferte Giftgasfabrik Rabta angepaßt zu werden. Walter Jakobs
Tagesthema Seite 3
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