: „Schwimmen ist ein Bonzensport“
■ Trockene Zeiten für Wassersportler mit kleinem Geldbeutel: Bäderland streicht die nicht ganz so teuren Monatskarten
„Jeden Tag schwimmen“ hatte der Arzt ihr damals verordnet. Nur dann könne Sabine G. ihre Rückenschmerzen hinter sich lassen. Zuerst hat sie sich auch strikt daran gehalten, ist regelmäßig ins Alsterbad gegangen. Doch das ist bald passé. Denn die Bäderland wird ab 1. September keine Monatskarten mehr verkaufen. Dann wird der ohnehin nicht billige Sprung ins kalte Wasser eine richtig teure Angelegenheit.
Statt der Monatskarten für 90 Mark, die man nur unter der Woche benutzen darf, müssen die Schwimmer sich in Zukunft Sechser-Karten kaufen. Die kosten in Hallenbädern 30, in Freizeitbädern 40 Mark. Nutzt man die Monatskarte komplett aus, ergibt sich pro Tag ein Eintrittspreis von 4,50 Mark. Bezahlt man bei derselben Anzahl von Tagen mit der Sechser-Karte, kostet das Vergnügen schon 5 Mark – also zehn Prozent mehr.
Die Rechnung der Bäderland sieht jedoch anders aus. „Im Durchschnitt wird die Karte nur 18 Tage im Monat benutzt“, sagt Pressesprecherin Gisela Mathée. „Das ergibt 5 Mark pro Eintritt.“ Dasselbe komme heraus, wenn man den Preis der Sechser-Karte rechne. Und die werde ja zum 1. September nicht verteuert.
Käthe R., Rentnerin, sieht das allerdings anders: „Schwimmen ist in Hamburg sowieso schon ein Bonzensport. In Essen kostet der Eintritt 2,50 Mark. Aber meine Gesundheit verlangt auch hier, daß ich schwimmen gehe, also zahle ich. Aber fair ist das nicht.“ Sabine G., deren leerer Geldbeutel dies nicht zuläßt, hat es auch schon über die Krankenkasse versucht. Doch auch die haben vor den Zugang zum kühlen Naß Steine gerollt. „Grundsätzlich gibt es keine Kostenerstattung in einem solchen Fall“, heißt es bei der AOK. Dafür müsse schon sichergestellt sein, daß der Sport im Wasser auch der Gesundheit nütze. Dies bestätigt auch Frank Hofmann von der Techniker Krankenkasse: „Wir bezahlen nur bei speziellen Kursen, die unter Aufsicht eines Krankengymnasten oder Sporttrainers stattfänden, zum Beispiel Wassergymnastik, Reha-Sport oder Aquajogging.“
Bäderland-Sprecherin Mathée rechtfertigt die Preise: „Wir haben ein Defizit von rund 44 Millionen Mark, das in den kommenden Jahren auf 39 bis 40 Millionen reduziert werden soll“. Schließlich würden auch für öffentliche Einrichtungen Personal und Energie teurer. Der Verlust werde vom Gewinn der Waserversorgung gedeckt, da Bäderland eine Tochter der Wasserwerke Hamburg ist. Den verbleibenden Rest, 1995 rund 17 Millionen Mark, zahle die Stadt.
Die neuen Preise treffen vor allem Erwachsene, die regelmäßig vor der Arbeit in die Fluten springen. Denn mit der Monatskarte mußte man morgens ins Bad kommen. Diese seien ursprünglich nur für Hallen- und Kombibäder konzipiert gewesen, so Mathée. Dann habe Bäderland den Kunden einen besonderen Service geboten: Zusätzlich gelte die Karte auch für die Alsterbäder zwischen 6.30 und 9 Uhr sowie die Freizeitbäder von 8 bis 9 Uhr. „Wenn wir ein Zusatzangebot nicht mehr aufrecht erhalten können, kann das doch nicht so schlimm sein.“
Wie schlimm die Preisumstellung tatsächlich ist, wird sich noch zeigen. „Für mich jedenfalls“, so Manfred S., Renter, „ist das eine kalte Dusche.“ Kathrin Seibold
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