Hauptsache Castor

■ Nach 13 Jahren: Castor-Einlagerung erstmals in der Hauptsache vor Gericht

Hannover (taz) – Der Rechtsstreit läuft seit 13 Jahren. Doch gestern hat sich der Atomsenat des Oberlandesgerichts Lüneburg erstmals in der Hauptsache mit einer der Genehmigungen des Gorlebener Castor-Lagers befaßt. Verhandelt wurde konkret die erweiterte Einlagerungsgenehmigung, die seit Juni 1995 in Gorleben die Aufbewahrung von 3.800 Tonnen statt 1.500 Tonnen strahlendem Schwermetall bis zum Jahre 2034 erlaubt. Dagegen geklagt haben drei Anwohner des Castor-Lagers, darunter der Waldbesitzer Andreas Graf Bernstorff.

Die Kläger wollen eine Aufhebung der Genehmigung oder zumindest eine Wiederholung des Genehmigungsverfahrens erreichen. Sie führen etwa ins Feld, daß die Zwischenlagergenehmigung nur Erdbeben bis zur Stärke 7, nicht aber solche der Stärken 8 und 9 berücksichtigt. Deshalb zieht die Genehmigung einen möglichen Einsturz der Zwischenlagerhalle nicht in Betracht.

Die drei Anwohner halten zudem eine eigene Umweltverträglichkeitsprüfung für das Zwischenlager für notwendig. Auch mit möglichen Fehlern im Genehmigungsverfahren hatte sich gestern der 7. Senat des OVGs zu befassen. Erst nach der öffentlichen Erörterung des Genehmigungsantrags ist etwa auf eine ursprünglich vorgesehene zusätzliche Abschirmung im Zwischenlager verzichtet worden. Ohne diese Abschirmung kann sich aber nach Ansicht der Kläger die radioaktive Belastung aus einem vollen Castor-Lager um das Vier- bis Siebenfache erhöhen. Ein solches Abweichen von dem ursprünglichen, öffentlich erörterten Genehmigungsantrag halten die Kläger nur bei erneuter Öffentlichkeitsbeteiligung für zulässig.

Der Hamburger Rechtsanwalt Nikolaus Piontek stellte deshalb gestern Beweisanträge zur Erdbebensicherheit, zu den gesundheitlichen Auswirkungen der von dem Lager emittierten Neutronenstrahlen und auch zur mangelnden Kontrolle der Zusammensetzung von französischen Wiederaufarbeitungsabfällen. Das Verfahren geht heute weiter. Jürgen Voges