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Urteil gegen Gary Lauck für heute erwartet

■ Hamburger Staatsanwälte forderten fünf Jahre Haft für den US-Neonazi. Die Verschickung von Nazipropaganda ist nach amerikanischem Recht legal

Das Urteil im Prozeß gegen den US-amerikanischen Neonazi Gary Lex Lauck soll heute verkündet werden. Das Hamburger Landgericht wird damit zugleich eine grundsätzliche Entscheidung über den Umgang der deutschen Justiz mit dem Import neonazistischer Propaganda aus dem Ausland fällen. Seit über 20 Jahren verschickt die NSDAP/AO (Auslandsorganisation) ihr Propagandamaterial per Post in die Bundesrepublik. Die Staatsanwaltschaft beim Hanseatischen Landgericht zeigte sich bei ihrem Plädoyer letzten Mittwoch zutiefst davon überzeugt, daß Lauck persönlich den Versand zu verantworten habe. Dessen Verteidiger, Rechtsanwalt Hans- Otto Sieg, hatte das bestritten. Die beiden Ankläger forderten eine fünfjährige Gefängnisstrafe für Lauck, Sieg verlangte Freispruch für seinen Mandanten. Der Vorsitzende Richter Günther Bertram hatte während des Prozesses wiederholt durchblicken lassen, daß heute mit einer Verurteilung Laucks zu rechnen sei.

Der US-Amerikaner Lauck ist offizieller Gründer und Repräsentant der NSDAP/AO, die als legale Partei agiert. Sie organisiert für die in Europa entstandenen NSDAP- Nachfolgegruppen internationale Kontakte und versorgt sie mit Propagandamaterial: Regelmäßig alle zwei Monate werden per Post der von Lauck herausgegebene NS- Kampfruf, Hakenkreuzfahnen und -armbinden sowie Aufkleber mit rassistischen Parolen nach Deutschland geschickt. Auch Exemplare der SS-Rassenkunde verbreitet die Partei von den USA aus. Der Vertrieb läuft auch nach der Verhaftung Laucks weiter. Der ermittelnde BKA-Beamte Grewe hatte vor Gericht ausgesagt, daß allerdings etliche Ausgaben des NS-Kampfrufs verspätet herauskamen, einige nur als Notausgabe.

Während des Prozesses stellte sich heraus, daß es unterschiedliche Einschätzungen der Bedeutung der Person Gary Laucks einerseits und der seiner Partei andererseits gibt, die weit auseinanderklaffen. Bei seiner Festnahme in Dänemark im März 1995 war er vom Verfassungsschutz und den deutschen Medien als „einer der gefährlichsten Neonazis der Welt“ eingestuft, seine Verhaftung entsprechend als großer Schlag gefeiert worden. Dagegen schien der Verfassungsschutz später eher bemüht, den Fall nicht zu hoch zu hängen. Laucks Versuch, ein System von Parteizellen auch in der Bundesrepublik aufzubauen, sei gescheitert, sagte der als Sachverständiger geladene ehemalige VS- Beamte Heinrich Sippel. Es wird nun die Aufgabe der Großen Strafkammer des Hanseatischen Landgerichts bleiben, mit ihrem Urteil eine eigene Einschätzung der Bedeutung des Neonazis Lauck in Deutschland abzugeben.

Das Urteil muß sich fast ausschließlich auf Akten, vom Zoll angehaltene Materialsendungen und auf persönliche Post Laucks stützen. Auf die im Vorfeld erwarteten politischen Erklärungen des Angeklagten hatte dieser verzichtet. ZeugInnen hatte das Gericht nicht geladen. Die „gepflegte Langeweile“ des Prozesses, so Staatsanwalt Mauruschat während seines Plädoyers, dürfe jedoch nicht den Blick auf die Vorwürfe verstellen: Volksverhetzung, Verbreitung von neonazistischem Propagandamaterial und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Lauck habe nicht nur, wie von dessen Verteidiger behauptet, die ideologischen Grundlagen der NSDAP/AO entwickelt und die Organisation seit 1972 aufgebaut. Über all die Jahre hinweg habe er außerdem die Parteiaktivitäten bis ins Detail geplant, gesteuert, überwacht – auch den Postversand. Allein wegen dieses Vorwurfs könnten sich in Deutschland die Gefängnistore hinter Lauck schließen.

Verteidiger Sieg berief sich in seinem Plädoyer vor allem darauf, daß Laucks Treiben in den USA legal sei. Er stellte damit die zentrale Frage des Prozesses, ob ein Ausländer für den Import faschistischer Propaganda haftbar gemacht werden kann. Da auch neonazistische Politik in den USA vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei, habe kein deutsches Gericht die Legitimation, Lauck die Ausübung dieser Rechte von hier aus zu verbieten. Zudem sei der Postversand denjenigen zuzurechnen, die das Material von Deutschland aus bestellten und bezahlten, nicht aber den Absendern in den USA. Diese juristische Fragestellung hat Staatsanwalt Mauruschat ausgespart. Im Gespräch mit der taz allerdings bezeichnete er die Argumentation Siegs als unhaltbar. Mauruschat: „Wenn jemand bei Lauck Material bestellt und dieser liefert, dann schließt er mit dem Abonnenten einen Vertrag. Als Vertragspartner ist ihm der Versand zuzurechnen.“

Mit dem Prozeß geht auch eine persönliche Geschichte der beiden Ankläger zu Ende: Seit über zehn Jahren hatten sie gegen Lauck ermittelt, bis er im März schließlich in Dänemark verhaftet und an Deutschland ausgeliefert wurde. Paula Berrit

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