: Der pflichtversessene Verteidiger von Safwan Eid
■ Lübecker Brandanschlag: Beschuldigter Libanese wird seinen Anwalt nicht mehr los
Hamburg (taz) – Das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant ist zerstört. Doch Safwan Eid, der von der Lübecker Staatsanwaltschaft beschuldigt wird, am 18. Januar das Flüchtlingsheim in der Hafenstraße angezündet und so den Tod von 18 MigrantInnen verursacht zu haben, wird seinen Verteidiger nicht mehr los. Eid entzog dem Lübecker Rechtsanwalt Hans-Jürgen Wolter bereits Ende Mai das Mandat. Dennoch wird der Jurist zum Prozeßauftakt am 16. September als Pflichtverteidiger an der Seite des Libanesen sitzen.
Wolter beantragte zwar schon im Juli, man möge ihn von der Verteidigung entpflichten, doch als das Lübecker Landgericht dies ablehnte, setzte der Anwalt nicht nach. „Kein Gericht würde einem Entpflichtungsantrag wegen eines Gewissenskonfliktes nicht stattgeben“, ist die Meinung eines Juristen. Für Wolter steht jedoch fest: „Ich werde Safwan Eid verteidigen.“ Notfalls auch gegen dessen erklärten Willen.
Eid hingegen möchte seinen Anwalt lieber heute als morgen loswerden. Sein Vorwurf: Wolter habe ihn mehrfach falsch oder gar nicht beraten. Durch Aussagen des Anwalts fühlt sich Eid vorverurteilt. Zudem verblüffte der Anwalt Eid durch mangelnde Kenntnisse der Ermittlungsakten. Zuletzt forderte Eid seinen Verteidiger auf, sich „nicht mehr öffentlich über das Verfahren zu äußern“. Wolter, so erklärt Eid, habe darauf nur geantwortet: „Das lasse ich mir nicht nehmen.“
Nicht nur zwischen Eid und Wolter ist das Band mittlerweile zerschnitten. Auch zwischen dem Lübecker Verteidiger und der Hamburger Anwältin Gabriele Heinekke herscht Funkstille. Heinekke besitzt das Vertrauen Eids. Wolter wirft ihr vor, sie würde durch ihre „politische Agitation“ und die Initiierung einer „Internationalen Untersuchungskommission“ den Interessen Eids schaden.
Auf einen Brief aus den Reihen der Hamburger Flüchtlingsorganisation „Antirassistisches Telefon“, in dem ultimativ sein Rückzug aus der Verteidigung gefordert wird, reagierte Wolter bislang nicht. In dem Schreiben wird dem Verteidiger „Untätigkeit und Unfähigkeit“ vorgeworfen. Er sei seinem Mandaten in den Rücken gefallen, indem er die Beweislage gegen Eid nicht als haltlos, sondern nur als „dünn“ bezeichnet und statt der – später erfolgten – Aufhebung des Haftbefehls nur eine Haftverschonung gefordert habe. Dem Ultimatum will Wolter sich nicht beugen: „Niemand wird mich daran hindern, meine Arbeit zu tun.“ Marco Carini
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