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Bundesregierung sucht Kompromiß mit Brüssel

■ Bundeskabinett lehnt in Sachen VW eine Klage gegen die EU-Kommission zum jetzigen Zeitpunkt ab. Bis zum 16. September „mit allen Beteiligten weiter sprechen“

Berlin (taz) – Der Freistaat Sachsen steht einsam da. Das Bundeskabinett lehnte es gestern ab, im Beihilfestreit mit der Europäischen Union ebenfalls zum jetzigen Zeitpunkt zu klagen. Brüssel habe signalisiert, daß es zu keiner Eskalation um die von Sachsen eigenmächtig ausgezahlten Subventionen an VW kommen dürfe, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums gestern. Bonn wolle dies aufgreifen und „mit allen Beteiligten auf allen Ebenen weitere Gespräche führen“.

EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert hatte der Bundesregierung Kompromißmöglichkeiten aufgezeigt. Zum einen gebe es die auch schon von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt vorgeschlagene Möglichkeit: Volkswagen bunkert die unrechtmäßig zuviel gezahlten Subventionen in Höhe von 91 Millionen Mark auf einem Sperrkonto, bis der Europäische Gerichtshof über den Fall entschieden hat. Dann könnten auch VW-Konkurrenten sich nicht über ungerechtfertigte Vorteile beklagen. Oder der Automobilkonzern verzichtet von sich aus auf weitere Zuschüsse für Investitionen an anderen Orten und zeigt so seine Bereitschaft, klein beizugeben.

Auf der ersten Kabinettssitzung nach der Sommerpause mußten sich die MinisterInnen gestern mit Sachsens Alleingang beschäftigen. Der Freistaat hatte vor drei Wochen rund 140 Millionen Mark an die sächsischen VW-Werke ausgezahlt, obwohl die EU-Kommission dies zuvor untersagt hatte. Allein 91 Millionen Mark waren von dieser Tranche illegal. Sachsen hatte außerdem eine Klage gegen die Rechtsauslegung der EU in Sachen Beihilfen angedroht und diese am vergangenen Wochenende eingereicht. Wirtschaftsminister Rexrodt hatte von Anfang an gesagt, daß er in der Sache hinter der sächsischen Landesregierung stünde und die Subventionen rechtmäßig seien. Frühzeitig hatte Rexrodt auch mitteilen lassen, daß eine eigene Klage gegen die EU vorbereitet werde. Noch vor zwei Tagen hatte er dies bekräftigt.

Angeblich arbeiten die Juristen weiter an der Klage. Bis zum 17. September hat die Bonner Regierung Zeit, sie beim Europäischen Gerichtshof einzureichen. Bis dahin kann sie VW zum Einlenken bewegen. „Diese Woche nehmen wir dazu keine Stellung“, hieß es gestern aus der VW-Konzernzentrale. Auch die sächsische Staatskanzlei wollte sich gestern nicht äußern. „Wir begrüßen die Entscheidung ausdrücklich“, sagte hingegen Christian Sterzing, Europasprecher der bündnisgrünen Bundestagsfraktion. Alles andere sei eine „integrationsfeindliche Entscheidung“. Ulrike Fokken

siehe Kommentar Seite 1

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