: OSZE verschiebt Kommunalwahlen in Bosnien
■ Massive Manipulationen bei der Wählerregistrierung sind der Grund für die Absage
Sarajevo (AFP/dpa) – Die für den 14. September geplanten Kommunalwahlen in Bosnien werden verschoben. Das entschied die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gestern in Sarajevo, wie ihr Bosnien-Beauftragter Robert Frowick mitteilte. Die OSZE ist für die Organisation und den fairen Verlauf der Wahlen verantwortlich. Insgesamt sollten am 14. September Wahlen zu sieben Institutionen, darunter Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, stattfinden. Der Provisorische Wahlausschuß der OSZE reagierte mit seiner Entscheidung auf Berichte über offensichtliche Manipulationen bei der Registrierung von Wahlberechtigten insbesondere zugunsten der bosnischen Serben.
Frowick hatte bereits am Freitag eine Verschiebung der Kommunalwahlen angedeutet. Gestern bezeichnete er die termingerechte Abhaltung der Kommunalwahlen als „nicht machbar“. Sie könnten im April oder Mai nächsten Jahres stattfinden. Die übrigen sechs Wahlen sollen wie geplant am 14. September abgehalten werden. Frowick berief sich bei seiner Entscheidung auf eine entsprechende Vereinbarung des Dayton-Friedensabkommens. „Darin steht, daß Kommunalwahlen nur dann abgehalten werden, wenn sie auch machbar sind“, sagte er.
In einer Sondersitzung des bosnischen Parlaments kritisierten die Abgeordneten gestern insbesondere die Wahlrechtsklausel, wonach sich Wähler entweder an ihrem derzeitigen Aufenthaltsort oder an ihrem Wohnort vor dem Krieg einschreiben lassen können. Diese Regelung war von serbischen und kroatischen Behörden mißbraucht worden, die sich ihre Vorherrschaft in bestimmten Städten des Landes sichern wollten. So schrieben sich beispielsweise im serbisch kontrollierten Brčko im Norden des Landes 42.763 serbische Wähler ein. In Brčko lebte aber vor Kriegsbeginn nur eine serbische Minderheit, in der ganzen Region waren nur rund 18.000 Serben gemeldet. Auf diese Weise werde die Vertreibung ganzer Volksgruppen legalisiert, hieß es in der mit großer Mehrheit verabschiedeten Erklärung der bosnischen Abgeordneten. Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen