: Arbeit macht Arbeit
■ Rot-grün-schwarze Beschimpfungen um „Sozialhilfemißbrauch“
Arme Sozialdemokraten: Gestern in der ersten Sitzung der Hamburger Bürgerschaft nach der Sommerpause versuchte die SPD sich mit einem rhetorischen Spagat. Ausgerechnet Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel und Vize-Fraktionschef Jan Ehlers – beide zählen zur Parteilinken – fanden sich in der Situation wieder, die ungeliebten Parteitagsbeschlüsse vom Wochenende verteidigen zu müssen; sie erlauben gemeinnützige Arbeit für Sozialhilfeempfänger.
„Zwangsarbeitsvorschläge: Der Kampf um die Lufthoheit am Stammtisch“, lautete das von der GAL angemeldete Thema der Aktuellen Stunde. „Sie wissen, daß Sie ein Arbeitsprogramm für 35.000 arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger gar nicht finanzieren können“, wirft GAL-Fraktionschef Willfried Maier der SPD Stimmungsmache vor, denn das würde mindestens 175 Millionen Mark allein an Organisation und Betreuung kosten. Außerdem mußten sich die SPDler daran erinnern lassen, daß sie noch im Vorjahr den Zwang zur gemeinnützigen Arbeit wegen des „Arbeitsdienstcharakters“ vehement abgelehnt hatten.
„Auch bisher stand es den Sozialhilfeempfängern nicht frei, zumutbare Arbeit anzunehmen oder nicht“, stellt Fischer-Menzel noch einmal klar. „Mißbrauch gibt es außerdem in allen Sicherungs- und Versicherungssystemen – wir bekämpfen ihn ja bereits.“
Während die CDU die SPD-Beschlüsse spöttisch zur Kenntnis nahm, schlug SPDler Uwe Grund mit verbalen Entgleisungen zurück: Antje Blumenthal (CDU) sei die Chefin des „Kampfhennengeschwaders gegen Sozialhilfeempfänger“, in den SPD-Beschlüssen stehe von „gemeinnütziger Arbeit nichts drin“. Der Statt-Gruppenchef und selbsternannte Stammtischbeauftragte Achim Reichert fand es indes „nicht unsittlich“, Sozialhilfeempfänger zwangsweise zu unbezahlter Arbeit „zu überführen“.
„Seien Sie vorsichtig mit Ihren Zwangsarbeits-Vergleichen“, warn- te Jan Ehlers (SPD). „Sie bemühen sich doch um eine Koalition mit uns, haben sogar schon Posten verteilt – ich sage Ihnen, so wird das nichts.“ Silke Mertins
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