: In den Krieg geschickt
■ Trotz Abschiebestopps in anderen Kommunen wird aus Bremen ein Flüchtling nach Angola abgeschoben
Fatal endete für den Angolaner Simao Andrada vorgestern der Gang zum Bremerhavener Sozialamt. Als der Angolaner sein monatliches Salär abholen wollte, rief der Sachbearbeiter die Polizei. Andrada sitzt nun in Abschiebehaft und muß nach Hause zurück.
Für Gerda Baudisch-Ziemen, sie vertritt den Angolaner im Asylverfahren, „ist der Zug weitgehend abgefahren.“ Weitere Rechtsmittel gegen die Abschiebung einzulegen, hält sie für aussichtslos. Simao Andrada hat Pech gehabt. Sein Asylantrag, der ihm Schutz vor dem seit 19 Jahren tobenden Bürgerkrieg geben sollte, landete bei der fünften Kammer des Verwaltungsgerichtes Bremen. „Da ist noch nie einem Asylantrag stattgegeben worden“, glaubt Baudisch-Ziemen. Auch im Fall Andrada lautete das Urteil „abgelehnt.“ Die nächste Instanz anzurufen, hätte sich die Anwältin auch „sparen können“, glaubt sie heute. Auch dort hat sie es mit demselben Richter zu tun. Andradas Asylfolgeantrag wurde ebenfalls abgelehnt. Als Konsequenz erwirkte das Verwaltungsgericht Bremen einen Abschiebebeschluß, der von der Ausländerbehörde in Bremerhaven umgesetzt wird. „Andrada ist ausreisepflichtig, da ist nichts zu machen “, begründete ein Sprecher der Behörde die Festnahme.
Chancen auf Asyl hätte Andrada auch vor einem anderen Gericht nicht gehabt. Asylanträge von Angolanern werden in Deutschland grundsätzlich abgelehnt. Doch wenigstens die Abschiebung wäre ihm vielleicht erspart worden. So hat das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt einen Angolaner nicht abgeschoben, weil dort Bürgerkrieg herrscht. Das Verwaltungsgericht Oldenburg verfährt ähnlich. Dort werden nur Straftäter abgeschoben, ansonsten der jeweils aktuelle Bericht des Auswärtigen Amtes abgewartet.
Dort ist die unsichere Situation im Land wohlbekannt. Um trotzdem abschieben zu können, greift Bonn zu einem Trick. Sämtliche Flugzeuge mit Abgeschobenen landen in Angolas Hauptstadt Luanda, weil dort keine Gefahr drohe. Ganz anders schätzt Amnesty International die Lage dort ein. In ihrem neuesten Bericht vom April 1996 weiß Amnesty von „Menschenrechtsverletzungen, auseinandergerissenen Familien und zerstörten Ortschaften“ zu berichten. Hoffnung auf eine Besserung im Lande hat Amnesty nicht. „Solange der Bürgerkrieg tobt, gibt es keinen Frieden“, schreiben die Menschenrechtler. Das alles nützt Andrada nichts. Morgen startet sein Flieger. bum
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen