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Ost-Baufirmen wollen Tarifverträge brechen

■ Ostdeutsche Bauindustrie klagt: Die Konjunktur hat sich negativ entwickelt

Berlin (taz) – Rund 18 Mark brutto, das ist der niedrigste Tariflohn in der Ost-Bauindustrie. In vielen nichttarifgebundenen Unternehmen wird noch weniger, zwölf, dreizehn Mark, gezahlt. Diese Lohnunterschiede und die miese Geschäftslage im Ost-Bau könnten jetzt zu einem größeren Konflikt führen. Die Bauindustriellen im Osten wollen die laufenden Tarifverträge fristlos kündigen. Das sozialpolitische Gremium beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (BI) faßte einen Beschluß, der jetzt in den anderen BI-Gremien diskutiert wird, erklärte BI-Sprecher Heiko Stiepelmann gestern. Mit einer Kündigung würden sich Baufirmen dem Tarifvertrag entziehen, der die Erhöhung der Löhne und Gehälter zum 1. September und die weitere Angleichung an das Westniveau ab 1. Oktober vorsieht. IG-BAU- Sprecher Werner Köhler drohte, wenn die Arbeitgeber tatsächlich „den Tarifvertrag brechen, dann fühlen wir uns auch nicht mehr an die Friedenspflicht gebunden“. Die IG BAU werde dann zum Streik aufrufen. In Ostdeutschland seien rund 40 Prozent der Beschäftigten in der Gewerkschaft organisiert.

Ob es aber wirklich zu einer harten Auseinandersetzung kommt, ist fraglich. Ein endgültiger Beschluß der BI zur Kündigung wird noch erwartet. Außerdem ist es eher unwahrscheinlich, daß der zweite Arbeitgeberverband auf dem Bau, der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), mitzieht. Der ZDB führt derzeit eine Mitgliederbefragung zum Thema Tarifkündigung durch. In der Debatte innerhalb des ZDB habe sich aber schon gezeigt, daß eine überwiegende Mehrheit „nicht für eine Kündigung“ der Ost-Tarifverträge sei, sagte ZDB- Sprecher Martin Keune. Im Osten sind etwa die Hälfte der Baufirmen in den beiden Arbeitgeberverbänden organisiert.

Von den Mitgliedsunternehmen sei ein starker Druck gekommen, die Tarifverträge zu kündigen, schilderte Ingelore Rönke, Sprecherin des Landesverbandes der Bauindustrie Sachsen-Anhalt, der zum BI gehört. Die Baukonjunktur habe sich zu negativ entwickelt. Die vereinbarten Tariferhöhungen haben ein Volumen von fast fünf Prozent. BD

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