Münch spielt verfolgte Unschuld

■ Prozeß gegen Ex-Regierungschef von Sachsen-Anhalt: Die Angeklagten weisen den Betrugsvorwurf zurück

Magdeburg (taz) – Der frühere Ministerpräsident von Sachsen- Anhalt, Werner Münch, und sein damaliger Sozialminister Werner Schreiber (beide CDU) haben vor dem Magdeburger Landgericht den Vorwurf des versuchten und des vollendeten Betruges zurückgewiesen. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden vor, falsche Angaben über frühere Einkünfte gemacht zu haben, um als Regierungsmitglieder in Ostdeutschland volles Westgehalt zu bekommen. Münch soll zweckgebundene Gruppen- und Informationsmittel, die seine EVP-Fraktion im Europäischen Parlament verwaltet und ihren Abgeordneten nur auf Antrag und gegen Kostennachweis auszahlte, als eigenes frei verfügbares Einkommen angegeben haben. Schreiber soll sein eigenes Abgeordneteneinkommen hochgerechnet haben, indem er auch noch eine Mitarbeiterpauschale draufschlug.

„Natürlich sind Aufwandsentschädigungen Teil des Einkommens eines Abgeordneten“, betonte Münch. Seinen tatsächlichen Aufwand bei Sitzungen im Ausland habe er allein aus dem Tagegeld zahlen können, das ihm das Europäische Parlament zusätzlich zu den allgemeinen Aufwandsentschädigungen gezahlt hat. Erst auf mehrfaches Nachfragen des Vorsitzenden Richters Ludwig Fabricius räumte Münch ein, daß ihm sehr wohl bewußt gewesen sei, daß die Mittel keine frei verfügbaren Einkünfte gewesen seien, sondern lediglich nachweis- und aufwendungsgebundene Entschädigungen.

Von Anfang an sei ihm, als er als Finanzminister von Sachsen-Anhalt antrat, volles Westgehalt zugesichert worden. Das sei auch politisch so gewollt gewesen. Auch der mitangeklagte Werner Schreiber betonte, daß ihm der erste Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Gerd Gies, volles Westgehalt zugesagt habe.

Das damals gültige Ministergesetz des Landes Sachsen-Anhalt billigte allen Mitgliedern der Landesregierung lediglich ein Gehalt nach dem gültigen Osttarif zu, verwies aber auf eine mögliche Ausnahmeregelung in den Haushaltsgesetzen. Und dort stand von 1991 bis 1993 drin, daß den Westimporten am Kabinettstisch tatsächlich Westgehalt gezahlt werden kann – aber nur dann, wenn sie nachweisen konnten, daß sie vor ihrem Amtsantritt in Sachsen-Anhalt höhere Bruttovergütungen gehabt haben. Uwe Ahlert