: Koalition setzt Sparpaket im Bundestag durch
■ Schlagabtausch um „Sparpaket“ im Deutschen Bundestag. Wirtschaftsminister Rexrodt: Arbeitslose lehnen Beschäftigung ab, weil es sich finanziell nicht lohne
Bonn (AP) – Das sogenannte Sparpaket wurde gestern eine Station weitergeschickt: Der Bundestag hat die Sparmaßnahmen gestern in Bonn mit den Stimmen der Koalitionsparteien bestätigt und damit das negative Votum des Vermittlungsausschusses abgewiesen. Jetzt ist der Weg frei für die endgültige Verabschiedung des Gesetzes am 13. September. Die SPD übte in der vierstündigen, teilweise erregt geführten Debatte noch einmal heftige Kritik an den Gesetzesänderungen und warf der Regierung vor, den sozialen Konsens in Deutschland zu gefährden.
Angesichts der Lockerung des Kündigungsschutzes, der Reduzierung der Lohnfortzahlung für Kranke, der Anhebung des Rentenalters und der Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen beschuldigte der stellvertretende SPD- Fraktionsvorsitzende Rudolf Dreßler die Koalition, die Gesellschaft „scheibchenweise neu ausrichten“ zu wollen. Es gehe vor allem der FDP nicht mehr um das Wie des Sozialstaates, sondern um das Ob. Es bestehe die Gefahr, daß dies erst der Anfang des Abbaus von Arbeitnehmerrechten sei, sagte Dreßler und fügte hinzu: „Wir glauben Ihnen nicht. Sie führen etwas im Schilde. Sie sind Schritt für Schritt auf dem Weg zum Kapitalismus pur.“
Zu Beginn der Sondersitzung hatte Bundesarbeitsminister Norbert Blüm die Maßnahmen verteidigt, weil nur so die Belastung der Unternehmen gesenkt und mehr Wachstum und Beschäftigung erreicht werden könnten. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt erklärte, man müsse sehr vorsichtig mit dem Vorwurf des sozialen Kahlschlags umgehen, wenn zahlreiche Arbeitslose eine Beschäftigung mit der Begründung ablehnten, daß sie sich finanziell nicht verbesserten. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Heiner Geißler, bezichtigte die SPD der Übertreibung. Es würden nur 0,4 Prozent des Sozialetats gestrichen.
Am 12. September beschäftigt sich der Bundesrat noch einmal mit dem Sparpaket. Am Tag darauf wollen die Koalitionsparteien mit der „Kanzlermehrheit“ die Gesetze verabschieden.
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