: Endgültiges Aus für das „Geschwulst“?
■ Freie Universität kündigt dem autonomen Café „Geschwulst“ fristlos: Der Platz werde für eigene Zwecke während der Sanierung des OSI benötigt
Nach dem Willen des Präsidiums soll es ab Montag ein Geschwulst weniger am siechen Körper der FU geben. Für den 2. September wurde dem AStA die Räumung des autonomen Cafés „Geschwulst“ am Otto-Suhr-Institut angedroht. Das „Geschwulst“ war aus dem Streik 1988/89 als selbstverwaltetes Kommunikationscafé hervorgegangen.
Als Grund für die jetzt verfügte fristlose Schließung führt das Präsidium der FU an, der AStA habe trotz mehrfacher Aufforderung bisher keine Verantwortlichen für die Nutzung der Räumlichkeiten in der Ihnestraße 22 benannt. Die StudentInnen halten dem entgegen, das Café werde kollektiv betrieben. Die fehlenden Verantwortlichen sind als Begründung wohl vorgeschoben. Im Brief des FU-Präsidiums an den AStA vom 23. August ist zu lesen, „daß das Café ,Geschwulst‘ sowie die weiteren im Zusammenhang mit dem Café genutzten Räume, wegen der mit der Sanierung des Otto-Suhr- Institutes (OSI) verbundenen Auslagerungen dringend als Ersatzräume benötigt werden“.
Hinter der Schließung des Cafés sehen die StudentInnen die Absicht des Uni-Apparates, „linke und linksradikale Strukturen an der FU zu zerschlagen“. Präsidialamtsmitarbeiter Frank Uwe Fuhrmann bezeichnet derlei Verdächtigungen als „Phantasien eines paranoiden, leicht autonom angehauchten Vereins“. Überhaupt werde das Café „Geschwulst“ von der Mehrheit der StudentInnen gar nicht genutzt. Dort sei „wochenlang tote Hose bis auf zwei oder drei Obdachlose, die ab und zu da nächtigen“. Allen anderen sei es dort sowieso „zu siffig“. Diese „sozialromantisch motivierte Verslumung“ – so Fuhrmann – sei nicht länger hinzunehmen.
Seine minutiöse Kenntnis des Publikumsverkehrs erstaunt die StudentInnen; kann sich doch niemand entsinnen, daß Fuhrmann jemals unter den NutzerInnen des Cafés gesichtet wurde. Am Donnerstag mußten StudentInnen feststellen, daß das Präsidium noch vor Ablauf der zum 2. September ausgesprochenen Kündigung die Schlösser zu den Räumen des „Geschwulst“ hat austauschen lassen. Dieses Vorgehen sei nicht legal, so die vom AStA beauftragte Anwältin Jasmin Hübel. Gegen Kündigung und Räumungsandrohung hat sie Widerspruch eingelegt.
Darauf wollen sich die Betreiber nicht allein verlassen. Am kommenden Montag, um 11 Uhr, laden sie zu einem Frühstück ins Café „Geschwulst“ ein. Christoph Corves
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen