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Die Dächer von Osnabrück

■ Solaranlagen könnten ein Drittel des Stroms liefern. Eine Untersuchung.

Könnte eine deutsche Großstadt ihren Strombedarf mittels Solarstrom decken? Eine Untersuchung des Osnabrücker Instituts für Umweltsystemforschung weist nach, daß schon heute rund ein Drittel des Stroms, den eine typische deutsche Großstadt im Jahr verbraucht, von der Sonne stammen könnte.

Die Systemwissenschaftlerin Sonja Schultz hat in ihrer Diplomarbeit das Dachflächenpotential für Solaranlagen bestimmt. Aus der Fläche berechnete sie, wieviel Energie sich gewinnen ließe, wenn alle geeigneten Dächer mit Solarzellen bestückt wären. Als Beispiel wählte sie einen durchschnittlichen Stadtteil in einer durchschnittlichen Stadt: Osnabrück belegt in fast allen Statistiken der Bundesrepublik mittlere Plätze. Mit etwas Vorsicht lassen sich die Ergebnisse der Studie daher auch auf andere deutsche Großstädte übertragen.

Automatisierte Liegenschaftskarten, Luftbildaufnahmen, Statistiken, Computerhard- und -software waren das Arbeitsmaterial der Wissenschaftlerin. Mit großer Sorgfalt und viel Liebe zum Detail vermaß sie virtuell Dach für Dach, begutachtete die Gebäude vor Ort und erstellte Computerprogramme, die ihr die Auswertung der Datenfülle erleichterten.

Die Ergebnisse belegen eindrucksvoll die Möglichkeiten, die mit der Nutzung der Sonnenenergie auf uns warten: Ein Drittel der untersuchten Dachfläche ist geeignet, um mit Solarmodulen ausgestattet zu werden, und über die Hälfte dieser Dächer zeigt nach Südosten bis Südwesten – die ideale Himmelsrichtung für Solaranlagen. Hochgerechnet auf das ganze Stadtgebiet, bieten sich in Osnabrück mehr als zwei Millionen (genauer: 2.330.860) Quadratmeter für die solare Nutzung an, eine Fläche, so groß wie 320 Fußballfelder.

Mit handelsüblichen polykristallinen Siliziumzellen ließen sich daraus jedes Jahr 241 Gigawattstunden (GWh) Energie gewinnen – das entspricht 31 Prozent des gesamten Stromverbrauchs von Osnabrück. Sonnenenergie könnte also durchaus mit den herkömmlichen Energieträgern Braunkohle, Steinkohle und Uran konkurrieren, die jeder etwa zu einem Drittel zur Stromerzeugung in Deutschland beitragen.

An heiteren Tagen reicht die Sonneneinstrahlung sogar aus, um zur Mittagszeit für ein paar Stunden den Strombedarf der Stadt vollständig zu decken. Und auch bei bewölktem oder trübem Himmel beschert uns die Sonne noch genug Strom, damit wir mittags auf den zusätzlichen Einsatz von Spitzenlast-Kraftwerken verzichten können.

Im Vergleich mit diesem teuren Strom ist der Solarstrom auch wirtschaftlich attraktiv. Zwar liegt der Preis für 1 Kilowattstunde (kWh) heutzutage bei knapp 2 Mark, doch ist zu erwarten, daß die Kosten drastisch sinken werden, sobald Solarmodule in großen Mengen produziert werden. Dieses Ziel verfolgen Sonnenenergievereine in ganz Deutschland, wenn sie die kostendeckende Vergütung von Sonnenstrom fordern. Demzufolge bekommt der private Betreiber einer Solaranlage für jede Kilowattstunde Strom, die er in das Netz einspeist, eine Vergütung von etwa 2 Mark. Das wäre ausreichend, um die Kosten der Anlage innerhalb einiger Jahre zu amortisieren. Die Erfahrung hat gezeigt, daß in Städten, in denen dieses Konzept bereits Wirklichkeit ist, die Zahl der Solarstromanlagen stark ansteigt. Nach den Gesetzen der Marktwirtschaft sollte die wachsende Nachfrage zu sinkenden Preisen für die Anlagen und damit auch für den Sonnenstrom führen. Die Kosten für die Vergütung würden auf alle Stromverbraucher umgelegt und lägen deutlich unter dem früher üblichen „Kohlepfennig“. In Osnabrück würde schon eine Erhöhung des Strompreises um 1 Prozent den Bau von etwa 600 Anlagen mit je 1 Kilowatt Leistung ermöglichen.

Doch ebenso wie in vielen anderen Großstädten gibt es in Osnabrück noch keine kostendeckende Vergütung für Sonnenstrom. Von dessen Einführung allerdings würden wir letztlich alle profitieren. Olaf Fritsche

Die Diplomarbeit „Dachflächenpotential für Solaranlagen und Energiepotential für Photovoltaikanlagen“ ist erhältlich bei Sonja Schultz, Institut für Umweltsystemforschung, Artilleriestraße 34, 49069 Osnabrück.

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