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■ KommentarLeerauftrag

Will man der Betroffenheit der Hamburger PolitikerInnen glauben, dann ist die Verschuldung der öffentlichen Bücherhallen so überraschend wie eine Naturkatastrophe über die Stadt hereingebrochen. Die gilt es zutiefst zu bedauern und mit dem Versprechen zu versehen, den besonders in Mitleidenschaft gezogenen Menschen unbürokratisch zu helfen.

Doch die Finanzmisere ist nicht wie eine Heuschreckenplage über die städtischen Bibliotheken hergefallen. Jahrelang war der Chefsessel der Bücherhallen ein Versorgungsposten. Fürs rechtzeitige Sanieren ohne den jetzt unvermeidlich scheinenden Kahlschlag fühlte sich niemand zuständig.

Nun aber zu fordern, die „Elitekultur“ der Bühnen zugunsten der „Breitenkultur“ HÖB bluten zu lassen, führt in eine politische Sackgasse. Zwar darf der Kultursenatorin zweifellos unterstellt werden, daß sie lieber mit der Förderung jener „großen“ Kultur glänzt, die sie in die überregionalen Feuilletons bringt. Doch die beiden Bereiche gegeneinander auszuspielen, ist kulturpolitisch gefährlich.

Denn der Kulturetat ist insgesamt gesehen verschwindend gering. Eine Prioritätensetzung für die Bücherhallen und damit für eine kulturelle Grundversorgung ist deshalb mehr als eine kulturbehördliche Haushaltsfrage. Bücher sind nicht nur Kultur, sondern Bildungs-, Jugendpolitik, Finanz- und Sozialpolitik. Wenn die Stadt für Bühnen und Bücher nicht mehr Geld bereit stellt als derzeit geplant, kann der Bildungsauftrag schnell zum Leerauftrag werden. Silke Mertins

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