: Hängende Köpfchen
12.000 Herbstblumen: Der Dahliengarten zeigt sich bis in den November als buntes Wunder ■ Von Katrin Seibold
„Sie kann nicht immer stramm stehen, das muß sie lernen“, sagt Professor Michael Otto über seine Züchtung. Ab Mitte August ist für sie erstmal Schluß mit Schönheitsnahrung. Denn Wasser und künstlicher Dünger lassen sie zwar stehen wie eine grüne Eins, verhindern aber, daß sie eine Knolle bildet. Und die ist nötig, um Setzlinge für das nächste Jahr zu ziehen. Die Rede ist von „Loki Schmidt“, der neuesten Dahlien-Züchtung, gewidmet der Frau des Ex-Bundeskanzlers Helmut Schmidt. Hannelore Schmidt hat sie vergangenen Mittwoch im Dahliengarten getauft.
Seit vier Jahren beauftragt der Hamburger Dahliengarten Amateur- und Profi-Züchter, Dahlien für prominente Paten zu züchten. Steffi Graf war 1993 die erste, gefolgt von Fußball-Idol Uwe Seeler und der Volksschauspielerin Heidi Kabel im vergangenen Jahr. „Auf Loki Schmidt kamen wir, weil sie doch als engagierte Naturliebhaberin bekannt ist“, sagt Karl Manzelmann, Leiter des Gartenbauamts Altona, das den Dahliengarten unterhält. Da mußte Loki Schmidt Farbe bekennen – und wählte orange-gelb. Also hat der Dahliengarten den privaten Züchter Michael Otto aus Lüneburg auserkoren, die schlichte Schönheit – orangerot mit gelben Streifen und 1,60 Meter hoch – aus der Erde zu ziehen.
Der Dahliengarten Hamburg ist mit seinen Raritäten, Neuzüchtungen und Spezialbeeten einzigartig in Deutschland. Auf rund anderthalb Hektar Boden gedeihen insgesamt rund 12.000 Dahlien. „Die Dahlie ist besonders blühfreudig“, sagt Gärtner Rolf Hofmann, „das Blütenmeer leuchtet weit bis in den November hinein“. Nur der Frost kann sie bremsen. Die Saison dauert von Ende Juni bis etwa Ende Oktober. Sogar im November kann man im Dahliengarten noch sein buntes Wunder erleben.
30.000 Arten gebe es weltweit, 352 seien in Hamburg zu sehen, schwärmt Hoffmann über die Formenvielfalt. Als Zierde des Gartens lobt er die vier Meter hohe „Dahlia imperialis“, eine Baum-Dahlie. Ihre Wurzeln hat die „Königin des Herbstes“ in Mexiko. 1791 wurde sie als „Dahlia pinnata“ in Europa vorgestellt, die in ihrer Wildform noch immer im Hamburger Dahliengarten zu sehen ist. Einen Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde schaffte der Garten mit der höchsten deutschen Dahlien-Züchtung Kalinka, die über drei Meter hoch werden kann.
Gartenbaudirektor Ferdinand Tutenberg rief den Dahliengarten 1920 in der Schulgartenanlage im Volkspark ins Leben. 1932 an die Luruper Chaussee verlegt, diente er im Zweiten Weltkrieg als Gemüsegarten. 1958 wurde der Dahliengarten erweitert, und heute kommen jährlich 150.000 Gäste, die ihre Nase in die Blumenflut stecken möchten. Dahlienfreunde bekommen hier auch die richtigen Tips für die Zucht im eigenen Garten.
Die neuesten Dahlienzüchtungen stammen aus Japan und Südafrika, die nächsten werden aus Indien und Rumänien erwartet. „Wir schauen uns im Internet die ausländischen Schönheiten an und tauschen dann, aber nicht nur virtuell.“
Und wer wird der nächste prominente Pate? „Wir wollen Leute mit norddeutschem Bezug“, sagt der sportinteressierte Hofmann, der aber auch einen Blick nach Süden riskiert, wo er schon einen möglichen nächsten Paten ausgemacht hat: „Ich denke da an Franz Beckenbauer.“ Da wird er Farbe bekennen müssen: Blau-weiß, weiß-rot, oder schwarz-weiß? Schau ma mal!
Dahliengarten: Luruper Chaussee / Ecke Stadionstraße
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