Klingende Zusammenhänge

■ Die Musik-Dokumentation Musik ist Trumpf im Zeise

„Musik aus Deutschland ist angesagt“, heißt es im Waschzettel. Und wenn etwas als angesagt gilt, ist auch der Journalist Alfred Hackensberger nicht weit, der zuletzt das Kunststück vollbrachte, für die Anthologie Poetry Slam Prosa beizusteuern und die Textsammlung als Kritiker zu verreißen. Ebenso unentschlossen ist ihm und Thomas Röschner auch die Musik-Dokumentation Musik ist Trumpf – Über die Gewalt des Zusammenhangs geraten.

Zumindest für den in Hamburg lebenden Musikologen ist die Zusammenstellung der Bands kaum die anvisierte aktuelle Bestandsaufnahme, sondern eher der „state of art“ von 1994. Indem das Regie-Duo ebenso die HipHopper Absolute Beginner wie die juvenilen Punk-Rocker Tocotronic zu Wort kommen läßt, wird ferner die Chance versäumt, spezifische Produktionsweisen oder die Funktion von Bands für bestimmte Stile zu veranschaulichen.

Auch bietet Musik ist Trumpf keine Aufarbeitung der Geschichte, um so etwa veränderten Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Zuletzt konzentrieren sich Hackensberger/Röschner trotz des Übergewichts der Hamburger Bands nicht auf eine einzelne Szene, auf ihre Vernetzung in Clubs, Kneipen und Persönlichkeiten, die die Musiklandschaft aus dem Hintergrund dominieren.

Das eine oder andere davon gelingt manchen Folgen von Lost in Music durchaus; Musik ist Trumpf aber allein deshalb nicht, weil man zu viel will. Denn zwischen den Selbstdarstellungen der disparaten Bands auf 16mm, BetaSP, Super8 und High8 geistert auch noch eine Musikrezensionen memorierende Frau durch die Stadtlandschaften. Das alles soll, wie auch der Titel, wohl ironisch sein, wirkt aber seltsam uninteressiert am eigenen Thema, der Gegenkultur.

Nachdem Dr. Kurt Euler im Prolog die Liedertafel Margot Honecker beim staatstragenden Beerensammeln für die schmackhafte Funktionärs-Grütze beobachtet, ist es mit den Witzeleien vorbei. Dann stammelt etwa der Cpt. Kirk-Sänger Tobias Levin etwas von der Vergegenständlichung beim Musizieren. Am ehesten nutzt noch Frank Spilker das Medium. Auf einem zerschlissenen Sofa sitzend erklärt der Sterne-Sänger, während im Hintergrund eine U-Bahn-Fahrt vorbeiflimmert, seine Texturen: „Resumés oder Refrains darf man nicht aussprechen, sondern nur andeuten.“ Wenn sich das nur Musik ist Trumpf zu Herzen genommen hätte.

Volker Marquardt

Premiere mit einem Konzert von „Die Erde“: Do, 12. September, ab 22 Uhr, Zeise