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Lesen und Stäbchenessen mit Ling Sung

Kinderbuch-Kiste gegen den gutgemeinten Rassismus  ■ Von Elke Spanner

Der Regenbogenfisch glitzert wunderschön, und er ist mächtig stolz darauf, anders auszusehen als die übrigen Fische. Pfff, sagt er sich, warum sollte ich ihnen etwas von meinen glänzenden Schuppen abgeben? Eitel schwimmt er glitzernd und schimmernd an ihnen vorbei. Allein – und einsam. Bis er eines Tages doch eine Glitzerschuppe verschenkt und den ersten Freund gewinnt. Schließlich gibt er so viele ab, daß er wie alle anderen Fische nur noch eine Glanzschuppe trägt. Da muß er nicht mehr alleine gegen den Strom schwimmen.

Die Geschichte Der Regenbogenfisch ist eines der zwölf Bücher aus der „Kunterbunten Kinderkiste“, die der Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf e. V.) zusammengestellt hat – nach antirassistischen Gesichtspunkten. Kindergärten soll ab sofort der Kauf nahegelegt werden: „Fremdenfeindlichkeit und Gewalt werden schon im Vorschulalter gelernt und eingeübt“ erläutert Domenique Yousefi Hashtyani vom iaf das „interkulturelle Projekt“ für 3-6jährige. In Liedern und auf Plakaten, gerade aber in Büchern kämen ausländische Jungs und Mädchen kaum vor. Um sich anerkannt zu fühlen, müßten sie sich aber selbst mit den Kindern, deren Geschichten sie über die Bücher miterleben, identifizieren können.

Tauchten türkische, japanische oder indische Kinder überhaupt in Geschichten auf, dann in der Rolle der „ExotInnen“, ergänzt Gabriele Wägerle vom iaf. Ihre Herkunft werde durch Klischees verdeutlicht, die darin liegende Diskriminierung liebevoll verharmlost: Pippi Langstrumpfs Vater etwa ist „Negerkönig“ im Taka-Tuka-Land, und der Struwwelpeter wird zum Mohren geschickt, der den „bösen Mann“ darstellen soll.

Die „kunterbunte Kinderkiste“ hat der iaf in Frankfurt gefüllt. Über 200 Kisten wurden dort bereits von Kindergärten, von Sozialpädagogik- und ErzieherInnenschulen gekauft. Jungs und Mädchen sollen beim Lesen Lust bekommen, Fremdes kennenzulernen. In Bis dann in Istanbul etwa begleiten die LeserInnen zwei deutsche Kinder auf ihrer Entdeckungstour durch Istanbul, zur Wohnung einer türkischen Familie, auf der Bootstour über den Bosporus und in die Sultan-Achmed-Moschee. Einmal neugierig geworden, können die Geschichten auch selbst weitergespielt werden: So findet sich in der Kinderkiste ein „Riechrad“, in dem man die Gewürze, wie sie auf dem türkischen Markt in Bis dann in Istanbul verkauft werden, schnuppern kann. Oder wer, wie Ling Sung aus dem gleichnamigen Buch, mit Stäbchen essen will, kann auch das direkt beim Lesen ausprobieren. Die Stäbchen liegen der Kiste bei.

Dazu, sich über antirassistische Kinder- und Jugendarbeit Gedanken zu machen, sollen auch die ErzieherInnen in den Kindergärten angeregt werden: Ihnen werden Infomaterial über die Weltreligionen, über unterschiedliche Feste und zahlreiche Tips zum Weiterlesen angeboten.

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