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Unterm Strich

Oasis geben kund und zu wissen, daß sie so leicht nicht zu zerstreuen sind. Nachdem die Tournee am Mittwoch brüsk beendet worden war, hatte es dergleichen Gerüchte gegeben: Ein Streit zwischen den Geschwistern Gallagher habe zur Auflösung der Band geführt. „Leider“, gab die Plattenfirma Creation bekannt, „wird die Band in der nächsten Zukunft nicht mehr auf Tournee gehen, aber in jeder anderen Hinsicht wird die Gruppe weiterbestehen“. Die Brüder würden's sich jetzt erst mal schön gemütlich machen, sich vom Jet Lag erholen, und einfach noch mal über alles nachdenken.

Die Rückkehr des Religiösen allerorten: Auch das Centre Pompidou hat so ein Gefühl und gibt ihm in einer Ausstellung über die sieben Todsünden freien Lauf, allerdings sollen nur sechs davon zur Sprache kommen: Ausgerechnet den Neid wollen sie auslassen. Die am Donerstag eröffnete Schau beginnt mit dem Thema Trägheit, was eine Frau, die Sonntagsdienst zu machen hat, nur aufs allermüdeste begrüßen kann. Im Abstand von zwei Monaten kommen die übrigen Todsünden dran: Der Zorn starte am 20. November. Zur Trägheit ist unter anderem ein Gemälde mit dem Titel Die Siesta (ach, wer da sein könnte) von Joan Mirò aus dem Jahr 1925 und eine Installation von Michael Armleder mit einem gewissen Sofa (mmmh!) zu sehen. Duchamps Flaschentrockner ist natürlich auch dabei und zwar nicht zuletzt wegen Duchamps Behauptung, er arbeite nur fünf Minuten am Tag. Innere Zusammenhänge zwischen Kunst und Laster sollten aufgedeckt werden.

To whom it may concern: Mit einer Galapremiere des Gershwin-Musicals „Crazy For You“ am 23. September feiert das Deutsche Theater in München seinen 100. Geburtstag. Es werden passende Worte zum Anlaß verbreitet: Als „Fenster zur Welt“ hat die Bühne nach Ansicht von Theaterchef Heiko Plapperer-Lüthgarth in München eine „unschätzbar wichtige Funktion“. Charlie Rivel, Josephine Baker, Hans Moser, Zarah Leander, Marika „Hautcreme“ Röck, Marlene Dietrich, auch Mario Adorf, Shirley MacLaine und David Copperfield waren dort gewesen. Auch für das nächste Jahrhundert ist Plapperer-Lüthgarth zuversichtlich und weiß dem auch Ausdruck zu verleihen. „Das Bedürfnis nach Theater ist so alt wie die Menschheit.“ Allerdings koste Qualität auch ihren Preis!

Nach dem Film kommen die Häuslebauer: Seit gestern findet in Venedig die VI. Biennale für Architektur statt. Neben dem Wettbewerb von 37 Architekten aus insgesamt 16 Ländern gibt es in diesem Jahr die von Hans Hollein geleitete Ausstellung „Zukunftsahnungen – der Architekt als Seismograph“. Dem Österreicher geht es dabei um „die Fähigkeit, unterschiedliche Tendenzen und Trends in der heutigen Kultur zu bündeln“.

Hollein muß es wissen, schließlich war er in den siebziger Jahren einer der ersten Architekten, die in Wien postmodern bauten. Ein solcher Stilwechsel ist laut Hollein von der Biennale allerdings nicht zu erwarten. Vielmehr habe sich die Architektur – ähnlich der Kunst – von den großen Bewegungen hin zu einem disparaten Feld entwickelt, auf dem personengebunden und individuell gearbeitet wird: „Städte werden nicht länger durch eine Kirche, einen Platz oder ein Rathaus im Mittelpunkt definiert. Statt dessen expandiert der urbane Raum nach sozialen und ökonomischen Interessen.“ Trotzdem orientiert sich „Zukunftsahnungen“ an Erscheinungsformen der ganz gewöhnlichen Metropolen, wie man sie aus der Moderne kennt – Flugplätze, Wolkenkratzer, Museen und Shopping Malls. Entsprechend werden in diesem Jahr auch der Italiener Ignazio Gardella, Philip Johnson (USA) und Oscar Niemeyer (Brasilien) mit einem Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Die Hauptveranstaltung wird von zwei deutschen Projekten begleitet. Für die „Renaissance der Bahnhöfe“ ist Meinhard von Gerkan verantwortlich, „Stadt-Bau-Kultur im 21. Jahrhundert“ wird von Kunibert Wachten betreut. Zu diesem Thema gibt es am 4. Oktober in Zusammenarbeit mit der Universität Venedig ein Symposium, bei dem das Verhältnis „Architektur – Landschaft – Kunst“ diskutiert werden soll (Bericht folgt).

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