: Bei den Fleischern geht's ans Eingemachte
■ Fünf Prozent der Betriebe geschlossen, 2.500 Arbeitslose
Berlin (AP/taz) – Weil die Deutschen weniger Fleisch essen, sind nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) in den ersten vier Monaten dieses Jahres fünf Prozent der fleischverarbeitenden Betriebe in Deutschland geschlossen und 2.500 Arbeitnehmer entlassen worden. Der Gewerkschaftsvorsitzende Franz-Josef Möllenberg sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, hinzu komme in erheblichem Umfang Kurzarbeit. Die Bundesregierung müsse deshalb Finanzhilfen an die Entlassenen und die gefährdeten Betriebe zahlen.
Es könne nicht angehen, daß die Landwirte zum Ausgleich der Folgen des Rinderwahnsinns 1,2 Milliarden Mark Subventionen erhielten, alle anderen aber leer ausgingen, meinte der Gewerkschafter. Die ganze fleischverarbeitende Industrie leide unter der BSE.
Angesichts der Umsatzeinbrüche und der unsicheren Zukunft werde fast nur noch mit Zeitverträgen gearbeitet. Falls die britische Regierung das Exportverbot lockere oder die Notschlachtungen verringere, würde dies die Verbraucher noch mehr verunsichern und den schon um 20 Prozent rückläufigen Rindfleischkonsum weiter drücken. Bundesregierung und EU-Kommission müßten dafür sorgen, daß die Auflagen in Großbritannien strikt eingehalten würden.
Seit Anfang der neunziger Jahre war der Rindfleischkonsum ohnehin zurückgegangen. Verzehrte der Durchschnittsdeutsche 1990 noch 15 Kilo Rindfleisch, waren es 1995 nurmehr 11 Kilo. Die Meldungen über die mögliche Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen gaben den Rindfleischmarkt im Frühjahr 1996 dann den Rest. Wochenweise mochten Fleischer überhaupt keine Tiere mehr zur Schlachtung annehmen, da sie das Fleisch nicht los wurden. Der Absatz schrumpfte für Monate um 60 Prozent. Die Preise purzelten in den Keller. Nur Biobauern und Biometzger profitierten von einem unerwarteten Boom. Die Verbraucher mochten konventionell wirtschaftenden Bauern und Metzgern hingegen die Beteuerungen, ihr Fleisch sei sicher, nicht glauben. ten
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