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Strieder spielt den Anti-Diepgen

■ Stadtentwicklungssenator Strieder fordert Bürgermeister Diepgen mit politischen Leitlinien heraus. Vorstoß mit SPD abgestimmt. CDU mäkelt an Einmischung des Senators herum, aber nicht am Inhalt

Im Senat ist für heute ein doppelter Paukenschlag angekündigt: Nach quälendem Hin und Her will die schwarz-rote Senatorenrunde nun endlich die Prioritäten der künftigen Landespolitik festlegen. Den neuen Anti-Diepgen soll dabei der Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) geben. Er hatte am Wochenende den Kontrapunkt zu Eberhard Diepgens kürzlich veröffentlichtem Leitlinienpapier gesetzt. Strieders Politikentwurf war mit den Genossen Sozialdemokraten breit abgestimmt. Gestern wurde versucht, aus den Papieren von Strieder und Diepgen für die Senatssitzung eine diskussionsfähige Vorlage zu stricken.

Damit sind die eigens gebildeten Senatsarbeitsgruppen ausgebootet, die vor der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 1997 die politischen Prioritäten hatten festlegen sollen. Das mehrfach als „schwerster Etat seit dem Zweiten Weltkrieg“ angekündigte Budget wird erst im Februar verabschiedet. Der Senat will seinen Entwurf Mitte Oktober vorlegen. Dabei ist wie im Vorjahr erneut mit harten Einschnitten in den 42-Milliarden-Etat zu rechnen.

Strieders Leitlinien sind im Gegensatz zu denen des Regierenden Bürgermeisters deutlicher sozial akzentuiert. Es bestehe „die Gefahr einer Armutsspirale nach unten“, schreibt der 46jährige Sozialdemokrat, wenn die Kürzungen den Bundestrend des Sozialabbaus noch verstärkten. Strieder betont die „soziale Integrationskraft des Gemeinwesens“ als wesentlichen Standortfaktor. Anders als der Regierende Bürgermeister, der die soziale Grundversorgung als Ganzes auf den Prüfstand gestellt hatte, will der frühere Kreuzberger Bürgermeister den Sozialausgaben durch Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beikommen. Berlin hat derzeit eine Arbeitslosenquote von 16 Prozent.

In der SPD wird Strieders Papier auch von Kritikern als „gut gemacht“ bezeichnet. Er habe die Anti-Diepgen-Leitlinien „gerne schreiben wollen“, hieß es in der Fraktion, aber es sei „natürlich abgestimmt gewesen“. Der starke Mann der CDU-Fraktion, Klaus Landowsky, hatte inhaltlich an Strieders 12seitigen „Leitlinien der Stadtpolitik“ kaum etwas auszusetzen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende hatte zunächst fälschlich gemutmaßt, Strieders Vorstoß sei „eine Brüskierung der eigenen Finanzsenatorin“. Er mäkelte, „ob jetzt jeder SPD-Senator nach eigenem Gutdünken die Richtung der Finanzpolitik vorgeben kann“. Finanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD) trat indes gerne einen Schritt zurück – um die schwarzen Leitlinien Diepgens eigenhändig mit den roten Strieders zu verschmelzen.

Die Dissenspunkte zum Regierenden hat der Herausforderer klar formuliert: Strieder räumt dem Sozialen grundsätzlich mehr Gewicht ein. Er plädiert leidenschaftlich für eine frühzeitige Erhöhung der Gewerbesteuer, um auch der Wirtschaft einen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts abzuringen. Die sogenannte antizyklische Politik – Staatsausgaben bei wirtschaftlicher Flaute –, die Diepgen gefordert hatte, sei schlicht nicht möglich. Dafür, so Strieder, seien die Bonner Parteifreunde des Bürgermeisters verantwortlich, nicht aber das verschuldete und leistungsschwache Berlin. Christian Füller

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