Schwefellose Faxen

■ „Der Teufel Bekkanko“ im Zelttheater

Ein feister, fleischiger Körper – sinnlich und beweglich. Er hüpft, rotiert und wirbelt mit den Armen, eher ein Faxenteufel als ein schwefelschwitzender Unterweltsbote. Dieses drollige Exemplar auf der Bühne lebt im Matriarchat, erhält Befehle der bodenständigen Göttermutter, um sie postwendend zu verweigern. Kein Mensch hat Angst vor ihm. Bekkanko, der Versagerteufel, ein Außenseiter in der Welt der Berggötter. Yuki hingegen ist Außenseiterin im Menschendorf. Sie ist blind und fürchtet sich vor toten Maulwürfen. Sie untersteht dem Patriarchat, hier vertreten in Gestalt ihres Vaters. Die Handlung des japanischen Märchen ist schnell erzählt: Die beiden Einsamen verlieben sich, der Vater bringt den Teufel um, Yuki erlangt ihre Sehkraft wieder und mutiert selbst zur emanzipierten Teufelin. Und Bekkanko wird durch die gnädige Göttermutter wieder zum Leben erweckt. Wer liebt nicht Geschichten, in denen das Glück den vom Leben Geprellten in den Schoß fällt?

Die Inszenierung lebt von den Schauspielern, von Neza Selbuz als Yuki und Matthias Klimsa als Beckanko, von der Kulisse mit dem traditionellen Holzsteg des japanischen Theaters, über den jeder neu auftretende Schauspieler erstmal läuft und sich vorstellt, und schließlich von der orientalischen Musik der Flöten und Gongs. Fünf Beobachter kommentieren das Geschehen und greifen hin und wieder ein. Sie diskutieren mit dem Teufel das Für und Wider von Hungerstreiks, verstehen nicht, warum er sich solidarisch mit der von ihm entführten Yuki aus dem Leben fastet. Die überhaupt sehr besorgten und herzensguten Handlungsinspektoren wollen alles genau wissen: Warum verliebt sich eine Gekidnappte in ihren Peiniger? Wie funktioniert das mit der Widerspenstigen Zähmung?

Am Ende wird das Publikum, wie in Tanz der Vampire von Roman Polanski, aufgerufen, sich zum Teufel im Menschen zu bekennen. Doch solange das einer von der Sorte Bekkankos ist, kommt das eher einem Aufruf zum ulkigen Tanz als einem zur entfesselten Anarchie gleich.

Kerstin Kellermann

Bis 30. September, 11 und 19 Uhr, Zelttheater im Sternschanzenpark