Gelöbnisse zu Ehren Preußens

■ Uneinigkeit nach SPD-Beschluß: Stauffenbergs Todesstätte ist der Bundeswehr zu eng fürs Geloben. Reinickendorfs CDU-Bürgermeisterin will Gelöbnis

Die Bundeswehr erinnert lieber an die preußischen Heeresreformer denn an den deutschen Widerstand. Sie läßt ihre Soldaten bald alljährlich am Geburtsort Scharnhorsts (im niedersächsischen Bordenau) zum Treueschwur antreten. Aber die Gedenkstätte deutscher Widerstand ist den Militärs schlicht zu eng: „Das ist einfach eine Frage des Platzes“, verwies ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf den fehlenden Raum für Truppe und Zuschauer im Bendlerblock.

Der Parteitag der SPD hatte am Samstag beschlossen, Gelöbnisse seien am besten an Orten demokratischer und antifaschistischer Tradition zu begehen. Die Hardthöhe ließ das zurückhaltend kommentieren: „Die Bundeswehr hat keine Kriterien festgelegt.“ Auch die beiden in Berlin stationierten Truppenteile haben keine konkreten Gelöbnispläne, die den Wünschen der SPD entsprechen würden. Das Jägerbataillon 581, dessen Rekruten im Mai vor dem Charlottenburger Schloß aufmarschiert waren, ist erst wieder am 12. Dezember mit Geloben dran. Die Örtlichkeit ist dabei ebensowenig bekannt wie beim Wachbataillon Berlin. Dessen beide Kompanien haben zuletzt in der Julius-Leber- Kaserne den Schwur auf Verfassung und Frieden abgelegt. Der Ort werde, so sagte der Kommandierende der Wachtruppe der taz, üblicherweise „kurzfristig“ festgelegt.

In den Augen von Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) bekennt sich die Bundeswehr zu zwei Traditionslinien: zum deutschen Widerstand und zu Preußen. Gemeint ist damit das aufgeklärte Preußen, das die allgemeine Wehrpflicht einführte und das Adelsprivileg aufhob — und damit Anfang des letzten Jahrhunderts versuchte, seine Streitkräfte zu demokratisieren. Diese Linie wird auch gepflegt. Das niedersächsische Bordenau, wo der Chef der preußischen „Militärreorganisationskommission“ Scharnhorst geboren wurde, entwickelt sich zum Ort der Seriengelöbnisse. Vergangenes Jahr traten Rühes Mannen dort an, und auch 1996 ist wieder eine „truppenübergreifende“ Veranstaltung mit Soldaten von Marine, Lufwaffe und Heer geplant.

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) fand, daß es „bessere Beschlüsse gibt“ als den der SPD. Schönbohm ist nicht zuständig, seine starke Truppe muß die Gelobenden lediglich schützen. Aber Reinickendorfs Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura (CDU) packte die Gelegenheit beim Schopf. Sie lud die Bundeswehr gestern ein, vor dem Rathaus des Bezirks Verfassungstreue bis zum Tode zu schwören. Christian Füller