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Bagger und Spaten nach Altenwerder

■ Bauarbeiten zur Hafenerweiterung begannen gestern – ohne Finanzierungskonzept

Die Wirtschaftsbehörde rodet und deicht für ihre Glaubwürdigkeit. Am Montag hob das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Baustopp in Altenwerder auf und gab damit grünes Licht für den umstrittenen Ausbau des Hafens auf den Flächen des ehemaligen Fischerdorfes – gestern schon kommandierte Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) Bagger und Spaten ins Tal der Alten Süderelbe ab. Wie um die „Eilbedürftigkeit“ der Hafenerweiterung nach 30jähriger Planung zu demonstrieren, wurde mit den ersten Erdarbeiten für die Deichverlegung begonnen.

In wenigen Wochen sollen Baum-Rodung, Ausbesserung der Kleischicht und Erdaufschüttungen folgen. Großräumige Naturzerstörung, „die unwiderrufbare Fakten schafft“, schäumt Altenwerder-Anwalt Martin Hack. Über die Klage des Grundeigentümers Werner Boelke sei im Hauptsacheverfahren noch gar nicht entschieden. Das OVG aber befand, angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Hafenerweiterung sei es „vertretbar“, wenn Boelkes Haus und Garten verschwänden. Boelke wird Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einlegen.

Während Hafenindustrie, Handwerkskammer sowie alle Hamburger Parteien mit Ausnahme der GAL den OVG-Beschluß „begrüßten“, war die Freude in der Wirtschaftsbehörde verhalten. Er sei „erleichtert und bedrückt“, sagte Staatsrat Heinz Giszas, „zu sehen, wie lange es dauert, Dinge in die Tat umzusetzen, die dieser Stadt dienen“. Zwar könne er den ökonomischen Verlust, der Hamburg durch die einjährige Bauverzögerung entstanden sei, nicht beziffern. Doch habe Hamburg „einen Image-Verlust erlitten“.

Der jetzt schnell aus dem Weg geräumt werden müsse. Wie, steht weiterhin in den Sternen. Die CDU drängelte gestern schon nach Vorlage des Finanzierungskonzepts, dessen „Existenz der Senat behauptet“ habe. Wohlwissend, daß sie damit Giszas wundesten Punkt trifft: „Wir werden das Finanzierungskonzept in den nächsten Monaten vorlegen“, wiederholte er seine jahrelange Ausweich-Antwort. Um patzig hinzuzufügen, er habe „schon mal gesagt, daß wir das nicht als erstes in der taz veröffentlichen werden“. Derzeit sind lediglich Kassenmittel in Höhe von zwei Millionen Mark im Haushalt sowie 52 Millionen Verpflichtungsermächtigungen bereitgestellt. Eine lächerliche Summe angesichts des milliardenschweren Containerterminals Altenwerder, das 2001 in Betrieb gehen soll.

An der Öffnung der Alten Süderelbe als ökologischen Ausgleich will die Behörde jedoch festhalten. Das OVG hatte dies nicht einmal für nötig gehalten. Mit den in Altenwerder verbliebenen Menschen soll nach „einvernehmlichen Lösungen“ gesucht werden. Die Kündigung von Mietverträgen werde ohne vorheriges Gespräch „nicht einfach“ rausgeschickt, erinnert sich die Wirtschaftsbehörde an Mindestformen des sozialen Umgangs. Heike Haarhoff

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