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Neue Attacken gegen Anwalt Di Pietro

Mit einem scheinheiligen Prozeß um ein mutmaßliches Komplott suchen Italiens Dunkelmänner den ehemaligen Antikorruptions-Ermittler und heutigen Minister zu kippen  ■ Aus Rom Werner Raith

Kein Funken mehr jenes bübischen Lächelns, das vormals sein Markenzeichen war – verspannt und mitunter sichtbar nach Worten und Atem ringend hat sich Italiens noch immer angesehenster Politstar Antonio Di Pietro, 41, im Fernsehen mit einem zehnminütigen Monolog gegen die immer heftigeren Angriffe auf ihn verteidigt.

Anlaß war ausgerechnet die Eröffnung des Prozesses zur Klärung eines möglichen Komplotts hochmögender Politiker gegen Di Pietro, das den seinerzeitigen Oberermittler in Sachen Korruption 1994 zum Rücktritt zwingen sollte. Anfang Dezember 1994 hatte Di Pietro nach seinem Plädoyer im ersten großen Bestechungsprozeß völlig überraschend die Robe an den Nagel gehängt, ohne eine plausible Erklärung dafür zu geben. Allerdings hatte er später mehr als 139 Versuche zur Einschüchterung detailliert belegt.

Angeklagt sind in dem Verfahren vor dem Schwurgericht Brescia große Namen der 1994 herrschenden Rechtsregierung, so etwa der Bruder des seinerzeitigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, Paolo, und der Verteidigungsminister und ehemalige Berlusconi- Syndikus Cesare Previtti. Was Antonio Di Pietro so hellhörig hat werden lassen, ist die Liste der Zeugen, die die Staatsanwaltschaft aufgeboten hat – mehr als 200 sind es, und die meisten haben mit dem mußmaßlichen Komplott überhaupt nichts zu tun. Insbesondere der Name des vor einer Woche im Zuge des neuen Korruptionsskandals um den Eisenbahnpräsidenten Lorenzo Necci mitinhaftierten italoschweizerischen Bankiers Francesco Pacini Battaglia beunruhigt nicht nur Di Pietro, sondern auch den Rest der noch immer tätigen Sonderkommission „Saubere Hände“. Von Battaglia gibt es einen Telefonmitschnitt von Anfang 1996, in dem er sagt, er sei seinerzeit aus der Korruptionsermittlung nur herausgekommen, „weil ich bezahlt habe“. Di Pietro und der leitende Oberstaatsanwalt Francesco Saverio Borelli haben für den Satz eine einleuchtende Erklärung: Tatsächlich nämlich gab es gegen den Bankier keinen förmlichen Prozeß, weil der Mann sofort alles zugegeben und weitere Bestechungsfälle aufgezeigt hatte – worauf sich Verteidigung und Anklage ohne Verhandlung auf eine Geldstrafe einigten. Und die hat er bezahlt.

Daß die nun im „Komplott-Prozeß“ federführenden Staatsanwälte Salamone und Bonfini den Bankier als Zeugen laden, hat für Di Pietro nur einen Sinn: „Sie wollen den Prozeß umkehren, indem sie statt des Komplotts meine Amtsführung untersuchen.“ Der Grund: Die beiden hatten sich vor einem Jahr herzlich blamiert, als sie Di Pietro wegen Bestechlichkeit vor Gericht zerren wollten – damit aber scheiterten und sich statt dessen gerichtlich attestieren lassen mußten, es sei „persönliche Rache im Spiel“. Hintergrund: Di Pietro hatte vor Jahren den Bruder von Staatsanwalt Salamone wegen Bestechung verknackt.

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