Die eigenen Rekorde bleiben unerreicht

■ Mit dem neuen Winterfahrplan bietet die Bahn schnellere Verbindungen: In Hamburg ist man jetzt eine Stunde eher, bei Kopfbahnhöfen wird die Lok nicht mehr ausgewechselt

Von Berlin nach Hamburg in zwei Stunden 38 Minuten – ab morgen, wenn der Winterfahrplan in Kraft tritt, soll das die Regel sein. Die Bahn hat einen 136 Kilometer langen Streckenabschnitt rundum erneuert. Statt zehn wird es künftig künftig zwölf Verbindungen zwischen Hamburg und Berlin geben. Der letzte Zug nach Hamburg-Hauptbahnhof fährt künftig um 20.21 Uhr am Zoo ab (bisher 19.27 Uhr). Die Bahntrasse zwischen den beiden Städten hatte die Bahn AG nach der Wende in einem maroden Zustand geerbt, große Teile waren eingleisig und nicht elektrifiziert. 1991 begann die Sanierung, die insgesamt rund 4,4 Milliarden kosten sollte.

Ungeschlagen bleibt der Streckenrekord von 1933

Das nun fertiggestellte Teilstück wird mit Tempo 160 befahren, wodurch sich die Fahrzeit insgesamt um eine Stunde verkürzt. Rekorde fährt die Bahn damit allerdings nicht ein. Am schnellsten kam man auf dieser Strecke im Jahr 1933 voran. Der „Fliegende Hamburger“ bleibt mit zwei Stunden 17 Minuten auch weiterhin ungeschlagen. Im nächsten Jahr kommt der Intercity wenigstens in die Nähe des flotten Rekordhalters, wenn mit der Fertigstellung der Trasse nach Hamburg die Fahrzeit noch mal um „mindestens zehn Minuten“ schrumpfen soll. Damit wird dann allerdings auch erst mal das Maximum erreicht sein. Mehr als 160 Stundenkilometer sind auf der Strecke nicht drin, weil man sich für einen Ausbau ohne allzu viele Tunnel und Brücken entschieden hatte. Bei einem besseren Ausbau könnte der ICE die beiden Städte genauso schnell verbinden wie der umstrittene Transrapid.

Für eine schnellere Verbindung sorgt die Bahn künftig mit den ICEs nach Frankfurt am Main. Direkte ICE-Verbindungen wird es stündlich geben und damit täglich 13 statt wie bisher neun – „wegen der großen Nachfrage“, wie die DB erklärte. In Zukunft müssen also vielleicht nicht mehr so viele NichtraucherInnen auf die Raucherabteile ausweichen. Da die Fahrt mit rund viereinhalb Stunden etwas kürzer als bei den meisten bisherigen Verbindungen wird, bleibt sowieso weniger Zeit zum Qualmen. In den zugigen Abteilen künftig nicht mehr über allzu viele Sitzplatzlose stiefeln zu müssen dürfte ebenfalls zur Klimaverbesserung beitragen. Wer noch unbedingt zum Oktoberfest will, der muß künftig im Bahnhof Zoo in den Zug steigen. Dort fahren ab morgen alle Intercitys nach München ab (und nicht mehr vom Hauptbahnhof). Wer von Leipzig oder Dessau kommt, steigt ebenfalls am Zoo aus – oder fährt ohne Umsteigen weiter nach Hamburg. Um die Aufenthaltszeiten in den Bahnhöfen zu verkürzen, setzt die Bahn auf dieser Stecke erstmals ICs ein, die den Zug sowohl schieben als auch ziehen können. Das spart Zeit: Bei Kopfbahnhöfen kann der Zug die Richtung wechseln, ohne daß die Lok umgekoppelt werden muß.

Nach Kopenhagen über Hamburg

Eine Direktverbindung ohne Umsteigen nach Kopenhagen ist nun, ein Jahr, nachdem die Bahn die Verbindung über Warnemünde und Gedser eingestellt hat, wieder möglich: täglich um zwanzig nach sechs, die Route geht über Hamburg. Der Preis aber bleibt noch beim alten und ignoriert die 200 Kilometer Umweg über Hamburg. Wer noch im Interrail-Alter ist, kommt jetzt günstiger zum Nordpolarkreis oder nach Marokko – so die Vorschläge der Bahn. Im Winterhalbjahr kostet das Ticket für eine zweite Person jetzt nur noch die Hälfte.

Die Bahn setzt mit Beginn des neuen Fahrplans ICEs der zweiten Generation ein. Berlin wird davon zunächst allerdings noch nicht direkt profitieren. Die ersten sechs der insgesamt 44 neuen Züge werden vor allem zwischen Bremen und Frankfurt eingesetzt. Eine der Neuerungen, die diese Züge bieten, sind Netzstecker in den Abteilen. Der auf der Fahrt schlappmachende Laptop gehört dann der Vergangenheit an – vorausgesetzt, die EDV-NutzerInnen nehmen nicht so überhand, daß alle Stecker belegt sind. Vom nächsten Juni an sollen die neuen ICEs auch Berlin anfahren und Köln ein Stück näher an die Hauptstadt rücken. Mit vier Stunden und 39 Minuten wird die Fahrt dann fast eine Stunde kürzer als bisher. Von Köln soll ab 1997 auch der Hochgeschwindigkeitszug Thalys über Brüssel nach Paris fahren. In rund neun Stunden kommt man dann auf der Schiene nach Paris. Ob diese Alternative zu Bus und Flugzeug auch preislich interessant sein wird, ist allerdings fraglich. Christian Meseth