: Prämien für Nüchterne
■ Bierbrauer verteilen Preise fürs Nichttrinken. Und die Bundesregierung prüft ein Promilleverbot für Fahranfänger
Bonn (taz) – „Klar, der Fahrer darf nichts trinken. Das ist eine Frage der Ehre!“ Diese Botschaft wollen jetzt ausgerechnet die deutschen Bierbrauer bei der Jugend loswerden. Mehr als 1.800 junge Leute, vor allem Männer, sterben jährlich bei Autounfällen auf dem Heimweg von der Disko.
„Wir wissen aber alle“, so der Präsident des Deutschen Brauer- Bundes, Michael Dietzsch, gestern vor der Presse in Bonn, „daß man junge Menschen mit Verboten und Ermahnungen nicht erreichen kann.“ Neben ihm vorne am Tisch: Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen, die die Brauerkampagne unterstützen.
Nachdem auf diese Weise kühn mit dem altmodischen Ringen um die beste rechtliche Regelung für gesellschaftliche Probleme aufgeräumt worden war, stellte der Brauer-Bund sein Gegenkonzept vor: Vor allem spielerisch soll's sein.
Nach einer Auftaktveranstaltung am Wochenende in Köln werden die Brauer in den nächsten Jahren in Diskotheken Preise verteilen – in diesem Jahr soll das noch viermal geschehen.
Die Regeln: Der Fahrer muß drei Mitspieler finden – „mindestens ein Mädel muß dabeisein“ –, die ihm vertrauensvoll bestätigen, daß er sie später nüchtern nach Hause fahren wird. Vertrauen beweisen auch die Brauer: Auf Alkoholtests bei den Siegern der Auslosung wird verzichtet.
Die Bundesregierung läßt gerade die Möglichkeiten eines Promilleverbots für Fahranfänger prüfen. Reiner Zufall, erklärte Dietzsch. Mit der Kampagne habe das gar nichts zu tun. Dagegen ist er trotzdem: Da werde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
Skepsis angesichts der geringen Zahl der Veranstaltungen beantworten die Brauer mit dem Versprechen, die Resonanz der Kampagne „durch ein Institut“ überprüfen lassen zu wollen. Mit den Ergebnissen ist nicht vor 1998 zu rechnen. Was ist noch gleich in der Pressemappe der Brauer zu lesen? „Nichts ist langweiliger als die Kampagne von gestern!“
Publizität läßt sich dagegen schon jetzt gewinnen. Hier könnten die deutschen Brauer zu wahren Wegbereitern werden: Wie wär's denn als nächstes mit einer Kampagne von Rüstungskonzernen für den Pazifismus? Bettina Gaus
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