■ Institut will den Suppenstandort Deutschland retten
: Es ist noch Suppe da

Wenn Manfred Lange in die Zukunft schaut, sieht er ein Land, „in dem unsere Kinder nur noch Hot dogs und Spaghetti kennen“. Eine apokalyptische Vorstellung für den Vorsitzenden des Verbandes der Suppenindustrie. Die Brühwürfellobby will Abhilfe schaffen und gründete in Bonn jetzt das „Deutsche Suppeninstitut“. Lange vor der zahlreich versammelten Presse: „Wir wollen das traditionelle Lebensmittel Suppe wieder in den Köpfen und Speiseplänen verankern.“

Die Lage zwischen Flensburg und Rostock ist ernst: „Die Verbraucher verlernen es, eine Suppe zu kochen“, weiß das Maggi-Vorstandsmitglied. Auch der Anteil der Tüten- und Dosensuppen am Nahrungsmittelmarkt stagniert bei rund einem Prozent. Die Folge: „Die Suppe riskiert, ihre Bedeutung für die tägliche Ernährung zu verlieren.“ Besonders alarmierend ist die Situation in den neuen Bundesländern. Nur noch eine einzige Firma vertritt die Geschmacksrichtung Ost. Alle anderen Hersteller dort haben in der Nach- Wendezeit ihre Löffel abgegeben. Und noch ein Trend ist erkennbar: „Die Trockensuppe, die in Deutschland schon einen Marktanteil von über 70 Prozent hat, ist weiter auf dem Vormarsch. Während der Amerikaner lieber Dosensuppen à la Campbells schlürft, genügen dem Bundesdeutschen offensichtlich Aufgußprodukte wie Knorr oder Kraft.“

Unsere Urahnen gaben sich da noch mehr Mühe, wie Dr. Hans Ottomeyer vom Staatlichen Museum Kassel zu berichten weiß: „Die ersten Suppen, die ,Ursuppen‘, garten die Steinzeitmenschen mit glühenden Steinen in wasserfest gemachten Säcken oder Gefäßen.“ Der pot au feu, der ewig siedende Kochtopf, wechselte im Mittelalter seine Zutaten und seinen Geschmack im Rhythmus der Jahreszeiten. Und die Barockzeit brachte mit hoffähigen Kreationen wie der Bouillon-, der Stör- oder der Sterletsuppe den gesellschaftlichen Aufstieg der Arme-Leute- Speise. Glaubt man den Angaben des Instituts, dann war Ludwig der XIV. nicht nur ein Sonnen-, sondern auch ein Suppenkönig.

Doch mit einem wehleidigen Rückblick ist es nicht getan: Neue Suppen braucht das Land, da sind sich alle Suppenkaspars einig. Michael Wollenweber, Chefkoch bei einem Hamburger Nobelrestaurant, hat die Zukunft der warmen Brühe gesehen: „In der Spitzengastronomie entwickelt sich eine neue Suppenkultur“, berichtet er in Bonn. „Nichts erinnert mehr an die deftigen Gerichte früherer Generationen. Die heutige Suppenküche drängt sich nicht in den Vordergrund, sie paßt sich ein in das Gesamtmenü.“

Noch steht auf der Hitliste der Deutschen die Zwiebelsuppe ganz oben, dicht gefolgt von der Spargelcremesuppe und der Blumenkohl-Broccoli-Suppe. Im Suppeninstitut kocht man derweil an einem neuen Image für „die Mutter aller Gerichte“: „Warum“, sinniert Institutsleiter Dirk Radermacher mit Blick auf die junge Konsumentenschicht, „sollen Suppen nicht auch in der Disko verzehrt werden? Wenn sie eine Gulaschsuppe nehmen und die auch noch ordentlich mit Paprika würzen, dann hätte ein solches Getränk doch wirklich den Namen Red Bull verdient.“ Udo Bünnagel