■ Vorschlag
: „Leonce und Lena, Yvonne“ im Maxim-Gorki-Theater

Die neue Inszenierung am Maxim-Gorki-Theater, „Leonce und Lena, Yvonne“, kommt daher wie eine theatralische Frühvergreisung im Fummel diffuser Jugendlichkeit. Günther Gerstners Doppelwhopper nach Büchner und Gombrowicz tut cool, ironisch, abgefuckt; mit einem Bühnenbild, das mit Glanzfassade und Metalltreppchen eher nach Arabella Kiesbauer als nach ihren Hoheiten Prinz Leonce und Prinz Philipp zu rufen scheint. Thomas Schmidt spielt beide als Jim-Morrison-Verschnitt mit nacktem Oberkörper, Lederhosen und Langmähne. „Suicide is all right“, singt er wild, ganz kurz sieht man ihn nackt, und es wird auch ein bißchen Heroin gespritzt. Ob Leonce und Lena nun über die Baustellen am Potsdamer Platz, entlang der Berliner Mauer oder durch die DDR voneinander weg und aufeinander zu laufen, tut hier definitiv nichts zur Sache, bietet aber Anlaß für reichlich Bühnenbildballast. Daß sich am Ende der Büchnerei ein Kühlschrank und eine Waschmaschine vermählen, ist nach anderthalb Stunden ein schöner Einfall.

Folgt noch ein halbes Stündchen Gombrowicz. „Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann“, steht da auf einer Tafel, aber es hilft nichts, die Gelassenheit will sich nicht einstellen, angesichts der regiebedingten Eitelkeiten. Immerhin, Ursula Werner, rundliche Galionsfigur des Hauses, ist als Gouvernante/Burgunderprinzessin von stoischer Größe, und Hansjürgen Hürrig, Präsident des Staatsrates/Kammerherr, schmettert den grimassierenden Hauptdarsteller mit staubtrockenen Repliken sozusagen kleinen Fingers an die Wand. Während die alte Garde tapfer durch den inszenatorischen Laufstall stapft, gerät der Rest der Aufführung ungeahnt autoreflexiv – zumal bei Büchners Anspielungsdrama: „Was diese Leute nicht alles aus Langeweile treiben“, kräht das verwöhnte Prinzlein zu Beginn und will das Spiel am Schluß mit Rücksicht aufs Publikum abbrechen. „Morgen fangen wir den Spaß in aller Ruhe und Gemütlichkeit noch mal von vorne an.“ Gott bewahre. Katja Nicodemus

Nächste Vorstellungen im Maxim-Gorki-Theater: 12. und 20. Oktober, jeweils um 19.30 Uhr