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Gold soll im Tresor bleiben

■ Helmut Schieber, Direktoriumsmitglied der Bundesbank, über die Frage, warum sich Deutschland gegen den Verkauf von IWF-Gold für die Schuldeninitiative gestellt hat

taz: Warum war und ist die Bundesrepublik so stur dagegen, fünf Prozent des IWF-Golds für die Schuldenerleichterung einzusetzen?

Helmut Schieber: Es geht im Grunde gar nicht so sehr um das Gold, es geht darum, welche Aufgaben die beiden Organisationen Weltbank und IWF überhaupt haben. Die Weltbank ist eine Entwicklungsorganisation mit all der Expertise und den Fachleuten in den betreffenden Ländern. Die Aufgabe des IWF ist es dagegen, Ländern mit kurzfristigen Zahlungsbilanzproblemen beizuspringen und die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu überwachen.

Der IWF vergibt jedoch an die Entwicklungsländer verbilligte Kredite aus seinem Sondertopf „Esaf“. Für die Subventionierung der Zinsen sollte das Gold verkauft werden. Heißt das, die Bundesrepublik versucht, über die Frage des Goldverkaufs den Entwicklungshilfeteil des IWF abzuschaffen?

Nein, aber wir sind der Meinung, daß die Entwicklungsfinanzierung getrennt von den eigentlichen Aufgaben des IWF laufen soll. Die Esaf sollte daher wie bisher auch ausschließlich durch bilaterale Beiträge der Geberländer finanziert werden und nicht aus den Eigenmitteln des IWF. Wenn man sich ansieht, was der Fonds im letzten Jahr ausgegeben hat – 18 Milliarden für Mexiko, 10 Milliarden für Rußland – dann scheint doch diese eine Milliarde pro Jahr für die Schuldeninitiatve nicht der Krisenfall zu sein, für den man die Substanz des Fonds angreifen sollte.

Deutschland in der Rolle des entwicklungspolitischen Bremsers?

Nein, wir haben uns für die Schuldeninitiative ausgesprochen, und wir sind bereit, dazu beitragen. Es ist doch eine größere Leistung, wenn man eigenes Geld einsetzt, als wenn man auf den IWF zeigt, der solle das aus seinen Reserven finanzieren.

Das geht gegen die USA?

Die Amerikaner haben sehr viele Initiativen angestoßen, sie fühlen sich zu Recht verantwortlich für die Zukunft der internationalen Wirtschafts- und Währungsordnung. Aber sie stoßen hier etwas an, ohne selbst angemessen mit eigenen Mitteln dazu beitragen zu wollen.

Die Bundesrepublik stand ziemlich alleine da mit ihrer Opposition gegen den Goldverkauf. Unterstützt wurde sie nur von Italien und der Schweiz.

Ich glaube, viele andere Länder haben inzwischen unseren Vorschlag begriffen. Interessanterweise sogar arme Länder wie Indien, die jetzt auch gegen Goldverkäufe sind.

Warum?

Auch andere Länder sagen, das Gold ist die letzte Reserve des Fonds, die ihn schützen soll gegen Probleme mit seiner Liquidität, seiner Stabilität und damit auch seiner Glaubwürdigkeit. Gerade die Entwicklungsländer brauchen einen gesunden IWF, weil sie bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten sehr viel eher auf seine Hilfe angewiesen sind. Die großen Industrieländer können sich Geld auf den Kapitalmärkten besorgen; die benutzen den Fonds ja gar nicht mehr als Kreditgeber.

Was spricht dagegen, Teile der Goldvorräte zu verkaufen und damit die Schulden der Entwicklungsländer gegenüber dem IWF ein für allemal abzubezahlen? Dann wäre der IWF, wie Sie das fordern, aus dem Entwicklungsgeschäft draußen.

Da frage ich Sie: Wo fangen Sie an, und wo hören Sie auf? Wenn Sie da einmal einen Präzedenzfall schaffen, dann kommt nächstes Jahr jemand mit einem anderen Problem und so weiter. Die Reserven müssen aber für echte Notfälle erhalten werden.

Das Gold liegt herum und bringt nicht einmal Zinsen. Könnte man es nicht verkaufen, das Geld, das man dafür bekommt, anlegen und nur die Zinseinnahmen für Schuldenerleichterung verwenden?

Man kann heute sicher fragen, ob es sinnvoll ist, Reserven in Gold zu halten. Ich halte es für richtig, die Aufgaben und Strukturen der Reserven zu diskutieren. Aber man sollte das nicht vermischen mit dem Wunsch, für das Tagesgeschäft die Reserven einzusetzen.

Vor der Jahrestagung ist die Frage des Goldverkaufs sehr hoch gehängt worden, und jetzt ist es auf einmal von der Tagesordnung verschwunden.

Da hat sich die Erkenntnis breitgemacht, daß es grundsätzliche und aktuelle Bedenken gibt. Wir haben diese sehr hektische Diskussion um die Esaf-Finanzierung ohnehin nicht verstanden, denn bis zum Jahr 2000 stehen ausreichende Mittel zur Verfügung.

Und dann?

Wenn bis dahin nicht genügend bilaterale Mittel zusammenkommen, dann muß man sich über die Finanzierung noch mal unterhalten.

Der IWF will dann die Goldverkäufe vornehmen. Würde die Bundesrepublik in diesem Fall zustimmen?

Ich vermute nicht. Aber bis dahin steht eine ganze Menge Zeit zur Verfügung, um die Entwicklung zu beobachten. Die ganzen Berechnungen für den Finanzbedarf für die Schuldeninitiative stehen ja auf sehr wackeligen Füßen. Ich kenne derzeit nur ein einziges Land, das überhaupt für die Schuldeninitiative voll in Frage kommt, nämlich Uganda.

Interview: Nicola Liebert

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