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Stoiber beschwört zur Einheitsfeier die Nation

■ Bayerns Ministerpräsident bei den Einheitsfeiern in München: Nur die Nation kann bei großen gesellschaftlichen Konflikten die notwendige Solidarität schaffen

München (AFP/AP/dpa) – Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat zum Tag der deutschen Einheit die Bedeutung der „Nation“ betont. Bei der zentralen Feier von Bund und Ländern in der Münchner Residenz sagte Stoiber gestern, nur die Nation sei in der Lage, die zur Lösung der großen politischen und gesellschaftlichen Konflikte erforderliche Solidarität zu mobilisieren. Obwohl Deutschland auch nach der Wiedervereinigung auf die Einigung Europas setze, komme auch die europäische Vision nicht ohne die Nation aus. Stoiber bezeichnete die deutsche Einheit als „Geschenk Europas an unser Volk“ und betonte, die Deutschen in Ost und West hätten „Grund, stolz zu sein“ auf das im Vereinigungsprozeß bisher Erreichte. Gleichzeitig räumte er ein, daß es auch Probleme gebe.

Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth rief die Westdeutschen zu mehr Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen in Ostdeutschland auf. An dem Festakt im Herkulessaal der Residenz nahm neben Bundespräsident Roman Herzog auch der ungarische Ministerpräsident Gyula Horn teil, der 1989 als ungarischer Außenminister Tausenden von DDR-Bürgern die Ausreise in den Westen ermöglicht hatte. Horn sagte, die deutsche Vereinigung sei „vielleicht der Beginn einer neuen Zeitrechnung“ gewesen.

Die Regierungschefs der Länder riefen Deutsche in Ost und West zu einem behutsamen Umgang miteinander auf. Der DGB warf der Bundesregierung vor, durch „ideologisch motivierte Kürzungen“ bei der Arbeitsförderung im Osten die deutsche Einheit zu gefährden. Während SPD- Chef Lafontaine das langsame Zusammenwachsen von Ost und West kritisierte, zeigten sich Bundesinnenminister Kanther (CDU) und FDP-Chef Gerhardt zufrieden mit dem Erreichten.

Bundeskanzler Kohl hat den europäischen Nachbarn für ihre Hilfe bei der Verwirklichung der deutschen Einheit gedankt. Bei einem Empfang erklärte Kohl gestern in der irischen Hauptstadt, er habe zum ersten Mal nicht den Tag der deutschen Einheit in der Bundesrepublik verbracht, weil er Dankbarkeit demonstrieren wolle. Viele hätten wie das irische Volk den Deutschen geholfen. „Und es gab auch andere, die nicht so begeistert waren“, sagte Kohl unter Anspielung auf Vorbehalte gegen die Wiedervereinigung.

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