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Gut ausgelotet

■ Du bist hier nicht in Miami, Don: Als "Nash Bridges" erfährt Don Johnson sein Comeback (So., 20.15 Uhr, RTL2)

Schon die Eröffnungssequenz macht den Unterschied deutlich: Don Johnson lacht. Obschon doch manches an „Miami Vice“ erinnert: Ein Koffer voller Geld, der unter konspirativen Umständen gegen heiße Ware getauscht werden soll. Ein enttarnter Undercover-Cop hängt hoch über der Straßenschlucht, und Nash Bridges soll das Seil kappen, als Beweis seiner Verläßlichkeit. Mit einem Trick gelingt es ihm, den Kollegen vor dem sicheren Tod zu bewahren, ohne seine Tarnung aufzugeben. Das tut er erst, nachdem der Deal vollzogen ist. Wo aber ein grimmiger Sonny Crockett die böse funkelnden Augen zu Schlitzen zusammengezogen und den Gangstern nervös ein Schießeisen schwersten Kalibers entgegengehalten hätte, verbreitet Nash Bridges puren Charme und erklärt mit gewinnendem Lächeln, daß nunmehr alle miteinander verhaftet seien. Bridges hat den Überrumpelungseffekt auf seiner Seite, die Gauner sind sekundenlang erst einmal völlig perplex.

Don Johnson spielt wieder Detektiv. Nach Ende der Erfolgsserie „Miami Vice“ trug er lange Jahre das Stigma „last decade's TV-Star“ mit sich herum. Parvenühaftes Gehabe machte die Sache nicht besser. Dennis Hopper berichtete, zu den Dreharbeiten von „The Hot Spot“ sei Johnson mit einer Entourage erschienen, die mehr Personen umfaßte als der ganze restliche Stab. Johnsons Kinokarriere kam über das Versuchsstadium nicht hinaus, und auch privat war er einigermaßen vom Pech verfolgt. Er ergab sich dem Trunke, nahm Drogen und pöbelte geistverlassen im Rundfunk herum. Schließlich die Kehre: Ein Aufenthalt in der Betty-Ford-Klinik brachte ihn wieder zu Verstand, den er einsetzte, um eine neue Serie voranzubringen, wobei er anfangs von Grundstücksnachbar Hunter S. Thompson – langjährige Zweitausendeins-Kunden wissen, wer das ist – ideell unterstützt wurde. Das Konzept ließ sich nicht auf Anhieb unterbringen. Mit Carlton Cuse und John Nicolella („Miami Vice“) kamen zwei gewitzte Produzenten ins Spiel, die Sache gedieh, bekam den Titel „Nash Bridges“ und erwies sich als perfektes Vehikel für Johnson, der ein rauschendes Comeback verbuchen konnte, als Schauspieler wie als Unternehmer, denn „The Don Johnson Company“ ist an der Herstellung beteiligt.

Diesmal knüppelt unser Mann nicht den Ferrari im Höllentempo über die Promenaden von Miami, sondern einen raren 1970er Plymouth über die Buckel San Franciscos, wo schon Frank Bullitt (Steve McQueen), Harry Callahan (Clint Eastwood) und das Gespann Mike Stone/Steve Heller (Karl Malden/Michael Douglas) so manchen Stoßdämpfer zuschanden fuhren. Auf stilvolle Inszenierung wird geachtet, pittoreske Schauplätze, Neonilluminationen und rasante Verfolgungsjagden sind obligat. Johnsons Kleidung ist legerer als damals, aber trotzdem à la mode und mit Sicherheit ziemlich teuer. Vor den schmucken Kulissen bewegen sich freilich gut ausgelotete Charaktere.

Weit mehr als bei „Miami Vice“ rückt das Privatleben des Helden in den Vordergrund, die Beziehung zu seiner kaum noch zu bändigenden 16jährigen Tochter und zu den beiden Exfrauen. Als sidekick wurde diesmal ein Hispanoamerikaner eingestellt: der Erzkomödiant Cheech Marin, der gerade noch sämtliche relevanten Nebenrollen in „From Dusk till Dawn“ souverän im Alleingang bewältigte. Womöglich ist es kein Zufall, daß beide Hauptdarsteller in der Hippiekultur verwurzelt sind – Johnson schrieb weiland Songs für die Allman Brothers, Marin wurde mit Kifferkomödien berühmt. Harald Keller

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