piwik no script img

Tiger auf dem Sprung

Nach seinem ersten Turniersieg steht „Tiger“ Woods (20) eine große Karriere als Golfprofi offen  ■ Von Matti Lieske

Berlin (taz) – Es ist noch gar nicht lange her, da war die Aussicht für einen Schwarzen, Mitglied in einem Golfklub der südlichen Staaten der USA werden zu können, ungefähr genauso groß wie die, beim Ku-Klux-Klan ein höheres Amt zu bekleiden. Nun ist mit dem 20jährigen Eldrick Woods aus Kalifornien, den alle nur „Tiger“ nennen, ein schwarzer Spieler drauf und dran, nicht nur zum populärsten Golfprofi des Landes, sondern auch zu einem der reichsten Sportler der Welt zu werden. Und dies ausgerechnet in einer Sportart, die immer noch die weißeste auf dem Globus ist.

„Vorher wuchsen schwarze Kids, sobald sie laufen konnten, mit Basketball, Football oder Baseball auf“, sagt der stolze Vater Earl Woods, „Tiger wußte, wie man einen Schläger schwingt, bevor er laufen konnte.“ Wobei „schwarz“ eigentlich nicht ganz das richtige Wort für den begabten Sprößling ist. In den Adern von Earl Woods fließt auch indianisches und chinesisches Blut. Mutter Kultida ist, wie Time Magazine herausfand, zur Hälfte Thailänderin, zu einem Viertel Chinesin, ansonsten weiß und findet es gar nicht gut, wenn ihr Sohn umstandslos als schwarz bezeichnet wird. Earl Woods hingegen ficht die Vielfalt der Hautfarben nicht weiter an. Im Gegenteil, er findet sie ziemlich praktisch, weil sie der Popularität seines Sohnes, der schon mit drei Jahren reihenweise Zehnjährige besiegte, nur förderlich sein kann: „Wenn er in den USA spielt, ist er schwarz, wenn er in Asien spielt, ist er ein Asiat.“

Anfang August, nach dem er bei den Amateuren seine dritte US- Meisterschaft in Folge gewonnen hatte, entschloß sich Tiger Woods, Profi zu werden, nachdem ihm seine Eltern das feierliche Versprechen abgenommen hatten, daß er eines Tages auf die Stanford-Universität zurückkehren würde, um sein Diplom zu machen. Ob er dieses Gelübde jemals erfüllen wird, scheint fraglich, schließlich ist Golf immer noch der Sport, in dem sich das meiste Geld verdienen läßt, wenn man nicht gerade Michael Jordan heißt. Und die Ankunft des Frischlings, das spektakulärste Debüt seit der Tennisspielerin Jennifer Capriati, wurde von einschlägigen Unternehmen bereits sehnlichst erwartet. Die Sportartikelfirma Nike soll den jungen Tiger mit einem Werbevertrag über 43 Millionen Dollar für fünf Jahre begrüßt haben und startete sogleich eine Kampagne mit dem Titel „Well, I guess, it's ,Hello World‘“ – ein Satz den der clevere Newcomer zwei Tage zuvor scheinbar spontan bei seiner ersten Pressekonferenz als Profi geäußert hatte.

Die Preisgelder begannen ebenfalls zu fließen, wenn auch zunächst nicht sehr üppig, da das Gewinnen von PGA-Turnieren so einfach nun auch wieder nicht ist. In Quad City beispielsweise lag er vor der Schlußrunde in Führung und verspielte alles am letzten Tag.

Am Wochenende jedoch wurde Woods seinen ersten Rekord – der reichste Golfspieler zu sein, der nie ein Profi-Turnier gewann – endlich los. In Las Vegas holte er sich im Play-off gegen seinen Landsmann David Love III beim fünften Auftritt den ersten Sieg und schraubte sein Preisgeld-Konto auf 437.194 Dollar. Damit hat er sein großes Ziel erreicht, unter die 150 Besten der Preisgeld-Rangliste zu kommen. Diese Plazierung nämlich bedeutet die Teilnahmeberechtigung an der PGA-Tour für die nächsten zwei Jahre. Bei seinen letzten beiden Turnieren dieser Saison will Woods versuchen, unter die Top 30 zu kommen, um einen Platz in der Tour Championship zu ergattern.

Die Veranstalter, vor allem natürlich in den USA, reiben sich die Hände, denn Tiger Woods hat beim Publikum sofort glänzend eingeschlagen. Das Fernsehen übertrug live jeden seiner Auftritte bei seinem Debüt in Milwaukee, die Vorverkaufszahlen von Turnieren, an denen er teilnahm, stiegen bis zu fünfzig Prozent, und die Leute zahlen sogar zehn Dollar Eintritt, nur um seine Übungsrunden bestaunen zu können. Abschläge von 310 Yards sind bei Woods keine Seltenheit, und die Fans schwören, er prügele den Ball so wuchtig, daß er in der Luft einen anderen Ton von sich gebe als bei den übrigen Cracks. „Er könnte die größte Sache im Golf seit Nicklaus und vielleicht sogar aller Zeiten werden“, ist Profi-Kollege Bill Dennis sicher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen