: (K)ein Ende in Sicht
„Blohm + Voss Industrie“ plant weitere 140 Entlassungen und gefährdet die Existenzfähigkeit des gesamten Unternehmens ■ Von Stefanie Winter
Weitere 140 Beschäftigte werden voraussichtlich ihren Arbeitsplatz bei Blohm + Voss verlieren. Erst vor wenigen Monaten hatte die ehemalige Großwerft 571 MitarbeiterInnen gekündigt. Damals hatten Belegschaft und Betriebsrat gehofft, von weiteren betriebsbedingten Kündigungen zunächst verschont zu bleiben. Eine entsprechende Zusage der Geschäftsleitung, bedauert Betriebsrat Matthias Schindler, habe man aber nicht erhalten können.
Stattdessen erfuhren die Arbeitnehmervertreter jetzt, daß von den rund 800 Mitarbeitern der Blohm + Voss Industrie GmbH – einem von der Werft rechtlich unabhängig geführten Maschinenbauunternehmen – im kommenden Geschäftsjahr nur noch 630 beschäftigt werden sollen. Nur 30 Stellen könnten durch Vorruhestandregelungen eingespart werden, erklärt Schindler. Entsprechende Personalplanzahlen wurden am Montag von der Geschäftsleitung vorgelegt. Begründet wurde die Entscheidung mit der schlechten Auftrags- und Finanzlage des Unternehmens.
An diesem „Wahnsinn“ seien die Manager nicht unschuldig, hieß es gestern während einer Protestkundgebung der Belegschaft vor dem Werkstor. So läge der stagnierende Absatz der von B + V-Industrie hergestellten Blockheizkraftwerke, die kleinere Gemeinden unabhängiger von den monopolistischen Energiekonzernen machen könnten, am Desinteresse der Manager an dezentraler Energieversorgung. Gleiches gelte für Produkte wie Turbinen für Windkraftanlagen. Niemand in der Chefetage habe sich doch je für gerechtere Preise für Windenergie politisch stark gemacht, kritisierte ein Mitarbeiter des „Arbeitskreises alternative Fertigung“.
Die jetzt beabsichtigten zusätzlichen Kündigungen gefährdeten grundsätzlich die Existenzfähigkeit des Maschinenbauunternehmens. Mit immer weniger Personal seien Aufträge – so vorhanden – nicht kurzfristig zu erledigen, sagt ein Mitarbeiter, der seit 33 Jahren bei Blohm + Voss arbeitet. Viele der Leiharbeiter, die dann einspringen, seien zwar billiger, aber nicht ausreichend qualifiziert. Und über den Preis ließen sich ohnehin keine Aufträge mehr akquirieren, ist er überzeugt, sondern ausschließlich „über die Zeitschiene“.
Doch Blohm + Voss hält an seiner in den vergangenen Monaten propagierten „Konzentration auf das Kerngeschäft“ fest; unrentable Bereiche wurden ausgegliedert oder geschlossen. Schiffbau, Maschinenbau und seit dem 1. Oktober auch der Bereich Schiffsreparatur arbeiten voneinander getrennt als GmbHs. Letztlich unterstehen sie alle der Thyssen Industrie AG. Insgesamt sind derzeit noch rund 2500 Männer und Frauen bei Blohm + Voss beschäftigt.
Mit der Muttergesellschaft in Essen verhandelte gestern die B + V-Geschäftsleitung; eine Stellungnahme zu den neuerlichen Entlassungplänen in Hamburg war bis Redaktionsschluß nicht zu erhalten. Betriebsrat und IG Metall wandten sich mit einer Resolution, die während der Protestversammlung von der Belegschaft verabschiedet wurde, an die Gesprächspartner. Das jetzt vorgelegte „Konzept“ offenbare die Unmenschlichkeit des Thyssen-Konzerns und eines Wirtschaftssystems, dessen einziges Ziel möglichst hoher Gewinn für die Aktionäre sei.
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