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■ Europäischer Gerichtshof verurteilt die BundesregierungVon Europa lernen

Nicht die Politiker der EU-Mitgliedsstaaten, der Europäische Gerichtshof ist der Garant für die europäische Integration. Diesen Eindruck vermittelt jedenfalls das gestrige Urteil des EuGH, der die Bundesrepublik wegen der verspäteten Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie verurteilte. Das EU- Recht tritt nämlich in den meisten Fällen erst in Kraft, wenn ein entsprechendes nationales Gesetz verabschiedet wird.

Die nationalen Regierungen neigen dazu, verbindliches EU-Recht nicht zu akzeptieren, wenn es ihnen nicht in den Kram paßt. Da verabschieden die von den Mitgliedsregierungen entsandten Minister in Brüssel wohlklingende Richtlinien im Interesse der Harmonisierung des gemeinschaftlichen Rechts. Und zu Hause machen die Regierungen dann oft genug, was sie wollen – Brüssel ist weit. Über dreißigmal schon wurde die Bundesregierung vor den europäischen Kadi gebracht. Verurteilt wurde sie vor allem wegen Verstößen gegen Umweltrichtlinien.

Zwar sind bei weitem nicht alle EU-Beschlüsse umwelt- und verbraucherfreundlich, vor allem in den Bereichen Handel und Verkehr. Aber entgegen der landläufigen Meinung ist die Union gerade in Sachen Umwelt- und Verbraucherschutz der Bundesregierung sehr oft voraus. Ohne die EU würden Urlauber mit großer Wahrscheinlichkeit immer noch keinen Schutz gegen eine Pleite des Reiseveranstalters genießen. Ohne EU würden vielleicht immer noch keine Umweltverträglichkeitsprüfungen bei größeren Bauvorhaben durchgeführt. Und ohne EU hätten Bürger des immer noch reichlich preußischen Staates Bundesrepublik mit Sicherheit kein Zugangsrecht zu Umweltinformationen.

Gerade die (übrigens um Monate verspätete) Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie zeigt, wie die deutsche Obrigkeit EU-Recht zurechtbiegt. Die Auslegung ist derart restriktiv, die Kosten, die Behörden für ausgespuckte Umweltdaten erheben können, sind derart hoch, daß dieses Recht de facto keines ist. Dies wird bald die Europarichter beschäftigen.

Die Bundesregierung zeigt sich in Umwelt- und Verbraucherbelangen ebenso ignorant wie gegenüber den positiven Ansätzen europäischer Integration. Daß sie dafür nun erstmals Strafe zahlen muß, ist höchst erfreulich. Denn die BRD kann von Europa noch viel lernen – wenn es sein muß, eben mit Zwang. Nicola Liebert

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