■ Cash & Crash: Kein Licht im Eurotunnel
Paris/London (taz/AFP) – Am Montag wurde die Einigung zwischen dem Riesenschuldner Eurotunnel (21 Milliarden Mark) und seinen 225 Gläubigerbanken bekanntgegeben, und schon gestern fielen die Aktien des Ärmelkanal-Unternehmens an den Börsen in Paris und London um zwei Prozent auf knapp 2,70 Mark. Das ist einerseits erstaunlich, weil sie eh schon so niedrig lagen – die Aktien waren 1987 zum Preis von immerhin 35 Francs (knapp 10,50 Mark) an den Börsen eingeführt worden.
Andererseits war das überraschende, daß die Börsen damit ausnahmsweise einmal auf den Unmut von Kleinaktionären reagierten. Eurotunnel ist überwiegend im Besitz von vielen Einzelpersonen. Diese sollen laut dem Umschuldungsabkommen praktisch ohne Entschädigung über 45 Prozent des Unternehmens an die Gläubigerbanken abgeben. Doch sie wehren sich: Ein Konkursverfahren wäre für die 750.000 Kleinaktionäre „nicht unvorteilhafter“ gewesen, meinte der Vorsitzende der Kleinaktionärsvereinigung Adacte, Alber Jauffret. Er kündigte eine Referendum an, bei dem sich die 600.000 französischen Anteilseigener zu dem Umschuldungsplan äußern sollten.
Adacte-Chef Jauffret sagte nach einem Treffen mit dem französischen Kopräsidenten von Eurotunnel, Patrick Ponsolle, er mache seine Empfehlung für oder gegen das Schuldenabkommen von dem Ergebnis des Referendums abhängig. Jauffret kritisiert insbesondere, daß die französischen Gäubigerbanken sich „gegen jeden wirklichen Schuldenerlaß gesperrt“ hätten. Die Aktionäre sollen nun zur Zustimmung gepreßt werden. Vizechef Ponsolle warnte die Aktionäre gestern über die Pariser Tageszeitung Le Figaro davor, daß eine Ablehnung des Abkommens den Konkurs des Tunnelunternehmens bedeuten werde. „Wir sind bis an die äußerste Grenze der Zugeständnisse gegangen, die uns die Banken im Rahmen einer gütlichen Einigung gewähren konnten“, sagte er. Bei einer Pleite wären auch noch die restlichen 2,70 Mark pro Aktie im Ärmelkanal versenkt, und der Ruf der Börsen erhielte einen Kratzer. Dafür würde den Banken Eurotunnel dann wohl ganz gehören. Es bleibt spannend, wer sich durchsetzt. rem
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