: Drei Jahre Arbeitslager
■ Chinesische Behörden machen einen der letzten Regimekritiker mundtot
Peking (dpa) – Der chinesische Regimekritiker Liu Xiaobo ist einen Tag nach seiner Festnahme für drei Jahre in ein Arbeitslager gesteckt worden. Wie seine Frau Liu Xia gestern in Peking berichtete, sei sie am Morgen von der Polizei über die Strafe unterrichtet worden. Liu Xiaobo war bereits in der Demokratiebewegung von 1989 aktiv. Die Festnahme erfolgte eine Woche nachdem er mit dem Aktivisten Wang Xizhe ein Papier unter anderem mit der Forderung verbreitet hatte, Staats- und Parteichef Jiang Zemin vor Gericht zu bringen. Dieser verstoße gegen die Verfassung, wenn er sage, die Volksbefreiungsarmee unterstehe der Führung der Partei und nicht des Staates.
Der ehemalige Geschichtsdozent und Literaturkritiker Liu Xiaobo war am Dienstag von der Polizei abgeholt und sein Haus durchsucht worden. „Ich bin sehr besorgt. Er hat nichts dabei, keinen Pullover, gar nichts“, sagte seine Frau gestern. Ihr sei nicht gesagt worden, wohin ihr Mann gebracht worden sei. Auch die örtliche Polizei wisse es nicht.
Liu Xiaobo und Wang Xizhe forderten im Streit mit Japan um eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer auch ein härteres Vorgehen gegen Tokio. Ebenso verlangten sie das Selbstbestimmungsrecht der Tibeter und einen Dialog mit dem Dalai Lama, ihrem geistlichen und weltlichen Oberhaupt. Die Kommunisten sollten ferner ein Versprechen von 1945 halten, Meinungs-, Presse- und Religionsfreiheit zu gewähren. Liu Xiaobo hatte im Juli auch eine Petition an den Volkskongreß mit der Forderung geschickt, schärfer gegen die Korruption im Land vorzugehen.
Er war eine der letzten Stimmen der dezimierten Schar von Regimekritikern, gegen die Chinas Behörden seit nunmehr zwei Jahren verschärft vorgehen. Die Familie des früheren Studenführers Wang Dan, der bereits seit Mai 1995 festgehalten wird, konnte gestern nicht bestätigen, daß dem 26jährigen derzeit wieder der Prozeß gemacht wird. Nach Berichten sollte gegen Wang Dan vielleicht noch diese Woche eine Haftstrafe von sieben Jahren verhängt werden. Zuletzt hätte seine Familie Ende September von ihm gehört, ihn aber seit Mai 1995 nicht mehr gesehen. Ihm gehe es gesundheitlich sehr schlecht, habe er in einer Botschaft mitgeteilt.
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