Cruisen auf der Highway

■ Der Feinkost-Rapper Warren G wählt FDP und kennt sich mit Frauen aus

Mit seinen leicht abwesenden, melancholischen Augen entspricht Warren G ganz dem Typ des romantischen Streuners. Protzerei oder eine Art Entschlossenheit, seinen Status als Megaseller im Hip Hop zu verteidigen, sind ihm völlig fremd. Ganz unüblich für West-Coast-Rapper sucht er auch auf dem Cover seines Debuts nicht den Blick des Zuschauers, sondern stiert auf den Schwarz-Weiß-Fotos auf seine Zehen, an einen Laternenmast gelehnt, der sich unter der Bürde der Last zu biegen scheint.

Dies ist die Ohnmacht eines Beobachters, die sich auch in der Geschichte zu seiner ersten Hit-Single „Regulate“ wiederfindet. „Das Stück handelt von einem Raubüberfall auf eine paar Freunde, den ich von meinem Fenster aus beobachtet habe,“ sagt er im Gespäch. „Ich konnte nichts machen, also habe ich beschlossen, darüber zu reden und zu rappen.“ Nicht von ungefähr zitiert er auf Regulate... G Funk Era Gil Scott-Heron mit dem Satz: „The Blues is as american as apple pie.“ „Meine Mama“, erinnert sich Warren Griffin, „hat früher ständig Blues gehört.“

Warren G scheint mit sich im reinen. Bei dem vom ehemaligen Def Jam-Oberpriester Russell Simmons und nicht vom Brüderchen Dr. Dre produzierten regulären G Funk deutet alles ohne Umwege in eine einzige Richtung. Handwerklich geschickt werden auf Regulate...G Funk Era das Quäken der Moog-Synthesizer, entspannte Singalongs und ein sanftes Gangster-Image aufeinandergeschichtet, um einen frischgeteerten, luxuriös ausgebauten Highway zu legen. Vermutlich ist G Funk „as angelino as apple pie“, bestimmt die Gegend den Sound. Der Griffin-Clan kommt zwar nicht aus Los Angeles, sondern aus dem Vorort Long Beach. Aber auch hier scheint der Blick nicht ständig unterbrochen zu werden. Der reguläre G Funk kennt keine Brüche, sondern will ein runder, warmer Apfelkuchen werden.

So läßt sich Warren G noch nicht einmal zu den handelsüblichen Beleidigungsorgien gegenüber Frauen hinreißen. „Ich habe keine Probleme mit Frauen. Die bitches and hoes die es gibt, haben sich selbst dazu gemacht. Eine selbstbewußte Frau hat einen Job und eine gute Frisur; bitches gehen auf After- Show-Parties, um mit jedem zu schlafen.“ Dabei deutet Warren G auf seine Freundin, die nach eigener Aussage eine dieser gut frisierten und selbstbewußten Frauen sein will, allerdings auf Nachfrage nur den Sermon des Mackers nachplappert. Überhaupt läßt sich Warren G kaum zu irgendwelchen Meinungen oder auch nur einem Fünkchen Wut bewegen. Wahrscheinlich würde er FDP wählen.

„Zu Hause in Los Angeles habe ich keine Probleme,“ meint er angesichts der Nähe zu Compton doch reichlich naiv. „Ich ignoriere die sozialen Konflikte in Los Angeles einfach, verstehe auch nicht viel davon. Aber mit Snoop Doggy Dog habe ich unseren Sponsor davon überzeugt, Geld für einen Boys Club in der Nachbarschaft zu geben. Dort bringen sie den Kleinen ein bißchen Rechnen, Sport und Malen bei.“ Auch für die Tour hat er sich eine AB-Maßnahme einfallen lassen. Während der letztjährigen USA-Tour wurden sechs Arbeitslose aus der Gegend angeheuert und zu Technikern ausgebildet. Die gleiche Crew soll nun auch in Hamburg für die richtigen Töne sorgen.

Volker Marquardt

12. April, Docks, 21 Uhr