: Gefährlicher „Normal“betrieb?
■ AKW Krümmel: Die Leukämiefälle in der Elbmarsch sollen nun doch untersucht werden – aber ohne Hamburg
Der Vertrag zur Untersuchung der Leukämie-Häufungen in der Elbmarsch ist unterschriftsreif. Mit einer sogenannten Fallkontrollstudie wird Eberhard Greiser vom Bremer Institut für Sozialmedizin beauftragt werden. Rund um den Atommeiler in Krümmel sind seit 1989 neun Kinder und ein Jugendlicher an Blutkrebs erkrankt. Ein Zusammenhang zwischen den Leukämiefällen und dem Atomreaktor konnte bislang jedoch nicht belegt werden.
Bei der Studie sollen nun die Lebensumstände der Geschädigten auf Risikofaktoren hin untersucht werden. Da Hamburg sich an der Untersuchung nicht beteiligt, teilen sich Niedersachsen (2,1 Millionen Mark) und Schleswig-Holstein (4,2 Millionen) die Kosten.
Nach Einschätzung der schleswig-holsteinischen Grünen hat eine amerikanische Fallkontrollstudie jetzt erstmals den Zusammenhang zwischen dem Normalbetrieb eines Atommeilers und Blutkrebserkrankungen nachgewiesen. So seien zwischen 1978 und 1986 in der Umgebung des AKW Pilgrim (Massachusetts) 105 Leukämiefälle aufgetreten. Nach der Studie würden andere Ursachen wie Pestizide, Zigaretten-Konsum oder berufliche Gefährdungen als Ursache ausscheiden.
Da es in Pilgrim seit 1972 keine Hinweise auf ungewöhnliche radioaktive Freisetzungen gäbe, gehen die Grünen davon aus, daß schon die genehmigte Niedrigstrahlung des AKWs für die Erkrankungen verantwortlich ist. „Die Ergebnisse bestätigen: Atomkraftwerke sind nicht nur im Katastrophenfall gefährlich, sondern bereits im Normalbetrieb“, resümiert die grüne Landtagsabgeordnete Adelheid Winking-Nikolay.
Für das AKW Krümmel, das seit Wochen wegen einer Revision keinen Strom produziert, meldeten die Hamburgischen Electricitätswerke gestern die technische „Wiederanfahrbereitschaft“. Die HEW erwarten „nun zügig“ grünes Licht vom Kieler Energieministerium, da alle Sicherheitsanalysen abgeschlossen seien und „keinerlei Beanstandungen ergeben hätten“. Ministeriumssprecher Hans-Friedrich Traulsen sieht das anders: „Bislang liegen uns noch nicht mal alle Prüfungsergebnisse vor.“ Marco Carini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen