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Kämpfe in Zaire nach Ultimatum

■ Bis Dientag will die Regierung 400.000 tutsistämmige Zairer vertreiben. Ruanda will sie nicht aufnehmen

Bujumbura/Berlin (AP/taz) – Nach einem Ultimatum der zairischen Regierung an 400.000 Banyamulenge, einer den Tutsi verwandten Gruppe, bis kommenden Dienstag das Land zu verlassen, hat sich die Lage im Osten von Zaire weiter verschärft: In der Nacht zum Freitag verwüsteten zairische Soldaten ein Dorf der Banyamulenge und zündeten es an. Nach Aussagen von AP-Korrespondenten war der Feuerschein bis in die burundische Hauptstadt Bujumbura zu sehen.

Vorangegangen waren am Vortag Kämpfe zwischen Banyamulenge und der zairischen Armee, die etwa 5.000 Soldaten nach Ostzaire geschickt hatte. Das UN- Flüchtlingswerk (UNHCR) hat bereits am Mittwoch die Zahl seiner Mitarbeiter in der Region reduziert. Die UN-Abteilung für Friedenssicherung bereitete gestern angeblich einen Einsatzplan vor.

Die jüngsten Plünderungen der zairischen Armee waren wahrscheinlich eine Reaktion auf die Ermordung eines Oberst der zairischen Präsidialgarde Anfang der Woche. Sie wurde einer Guerilla der Banyamulenge angelastet. Diese soll ebenfalls ein Krankenhaus und eine Missionsstation verwüstet haben. Die meisten Opfer waren Patienten, die in ihren Betten erschossen oder mit Bajonetten erstochen wurden. Die Lage ist allerdings seit Wochen angespannt, weil Einheiten der zairischen Armee Dörfer der Banyamulenge geplündert und zahlreiche Menschen getötet haben sollen.

Die zairischen Behörden haben dies als Vorwand genutzt, um die gesamte Volkgruppe nach Ruanda auszuweisen. Zaire behauptet, daß die von Tutsi dominierte Regierung von Ruanda die Rebellentruppe unter den Banyamulenge aufgebaut habe, um Zaire zu destabilisieren. Ruanda hat diese Anschuldigungen zurückgewiesen und Zaire beschuldigt, Hutu-Rebellen zu unterstützen, die von Zaire aus Terroranschläge gegen Tutsi in Ruanda verüben.

Die Banyamulenge leben seit etwa 200 Jahren in dem bergigen Hochland von Südkivu. Während sie Anfang der 70er Jahre die Staatsbürgerschaft erhielten – in diesem Zuge wurden auch die 1959 und 1962 aus Ruanda nach Ostzaire geflohenen Tutsi einbürgert –, sprach das zairische Parlament ihnen ihre Staasbürgerschaft Anfang der 80er Jahere wieder ab. Im vergangenen Jahr bekräftigte das zairische Übergangsparlament die Entscheidung, daß die tutsistämmigen Einwanderer weiterhin keine zairischen Pässe erhalten sollen.

Die Spannungen zwischen den zairischen Behörden und den Banyamulenge sind insbesondere seit dem Flüchtlingsstrom der Hutu nach dem ruandischen Genozid gestiegen. Diplomaten in Ruanda erklärten am Mittwoch, daß die Angriffe gegen die tutsistämmigen Banyamulenge die Spannungen zwischen Zaire und den von Tutsi- Militärs dominierten Regierungen in Ruanda und Burundi verschärft hätten.

Erst vor zwei Wochen hatten sich Zaire und Ruanda an der gemeinsamen Grenze mehrtägige Artillerieduelle geliefert.

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