Ohrfeige für Kohls Freund

■ Friedensnobelpreis für Osttimoresen

Die Vergabe des Friedensnobelpreises an zwei Osttimoresen ist eine Chance. Der seit über 20 Jahren andauernde Konflikt um die Inselhälfte kann nun endlich die internationale Aufmerksamkeit bekommen, die er verdient. Bisher mangelte es am Willen der internationalen Staatengemeinschaft, den eindeutigen Beschlüssen der UN auch Taten folgen zu lassen. Die UNO hat die völkerrechtswidrige Annexion der ehemaligen portugiesischen Kolonie durch Indonesien nie anerkannt.

Mit Ausnahme Portugals, das als Kolonialmacht in Ost-Timor eine unrühmliche Rolle spielte, hat sich kein Staat für das Selbstbestimmungsrecht der Osttimoresen eingesetzt. Dem Mut von Bischof Filipe Ximenes Belo und dem Sprecher des osttimoresischen Widerstandsrats, José Ramos-Horta, ist es zu verdanken, daß das brutale Vorgehen der indonesischen Militärs nicht völlig in Vergessenheit geriet.

Der Friedensnobelpreis für Belo und Ramos-Horta ist eine schallende Ohrfeige für den indonesischen Präsidenten Suharto. Der Politik des Diktators fiel nicht nur etwa ein Drittel der osttimoresischen Bevölkerung zum Opfer. Seine Regierung hat sich auch konstruktiven Friedensvorschlägen verweigert. Jakartas offizielle Reaktionen auf die Preisvergabe – eisernes Schweigen zu Belo, Verärgerung über Ramos-Horta – zeigen, daß die Ohrfeige gesessen hat. Sie trifft aber auch jene, die Suharto bisher unterstützt haben und es an klaren Worten und Taten zugunsten der Menschenrechte in Ost- Timor fehlen ließen. Bonn steht dabei an vorderster Stelle. Die Bundesregierung ist eine wichtige Stütze des Suharto-Regimes. Bonn lieferte Waffen und will es trotz der verschärften Unterdrückung der indonesischen Opposition auch weiterhin tun. Ende des Monats wird Kohl Suharto, den er als „Freund“ bezeichnet, erneut besuchen.

Der Nobelpreis wirft nicht nur ein bezeichnendes Licht auf Kohls Männerfreundschaft. Er bietet Bonn und anderen Regierungen auch die Chance, ihre Politik zu korrigieren. Wenn Kohl es schon für angemessen hält, einem Diktator die Aufwartung zu machen, sollte er bei Suharto zumindest deutliche Worte finden. Mal sehen, ob er den Mut hat, sich vom Friedensnobelpreisträger Belo über die Lage in Ost-Timor aufklären zu lassen. Sven Hansen

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