: „Wir glauben an die Idee Weltbank“
■ Justin Forsyth von der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam über die Zusammenarbeit mit Weltbankpräsident Wolfensohn und über die Chancen seines Reformprojekts
taz: Als James Wolfensohn im vergangenen Jahr als Weltbankpräsident antrat, versprach er als erstes eine engere Zusammenarbeit mit den regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs). Hat er sein Versprechen gehalten?
Justin Forsyth: Wir fanden seine ersten Statements tatsächlich ermutigend. Er kann zuhören, und er begann mit Reformen innerhalb der Weltbank. Er hat die Türen des Washingtoner Hauptquartiers für NGOs geöffnet und auch einen Dialog mit den Gruppen im Süden initiiert. All das sind Zeichen, daß er wirklich ein neuer Typus von Weltbankpräsident ist.
Oxfam hat ihm gerade ein Zeugnis ausgestellt, in dem er nicht sonderlich gut abschneidet.
Ja, gute Rhetorik, aber die Wirklichkeit hinkt meilenweit hinterher. Vor allem in der Umweltpolitik gibt es eine riesige Kluft zwischen den Absichtserklärungen an der Spitze und der Praxis im Feld. Die Bank muß auch noch einen sehr langen Weg gehen, bevor sie begreift, wie man die armen Menschen an den ökonomischen Reformen beteiligt.
Kann ein Mann allein die ganze Weltbank ändern samt ihrer einseitigen Liberalismusideologie?
Er ist ja nicht allein. Aber er muß die angestammte Weltbankkultur ändern – gegen eine riesige Bürokratie, die nicht unbedingt das tut, was er anordnet. Und er ordnet nicht mal immer die richtigen Dinge an. Ob er die Kurve kriegt, ist in der Tat fraglich.
Und wenn nicht?
Wenn er scheitert, ist womöglich die Weltbank früher oder später am Ende. Das würde ja einige Leute freuen. Aber wir von Oxfam glauben an die Idee Weltbank. Wir glauben bloß nicht, daß die Bank zur Zeit das Richtige tut.
Was wäre denn richtig?
Wir möchten, daß die Weltbank ein Motor für Veränderungen wird, positive Veränderungen für die armen Menschen.
Während der letztjährigen Jahrestagung von IWF und Weltbank gab Oxfam, für viele überraschend, zusammen mit James Wolfensohn eine Pressekonferenz. Damals ging es um die Notwendigkeit, Geld für die Weltbanktochter IDA, die fast zinsfreie Kredite an die ärmsten Länder vergibt, zusammenzubekommen. Würden Sie, nachdem Sie jetzt offenbar Wolfensohn viel kritischer sehen, so etwas noch einmal tun?
Damals haben uns viele NGOs aus dem Süden gebeten, in dieser Frage mit der Weltbank an einem Strang zu ziehen. Wenn wir den Eindruck haben, daß wir unserem Ziel, der Bekämpfung der Armut, durch eine strategische Allianz näherkommen, dann tun wir das. Auf der Grassroots-Ebene kann man nur bedingt etwas erreichen, solange die Schuldenlast eines Landes erdrückend ist. Da müssen wir einfach auch an die Weltbank herangehen.
Das heiße Thema der diesjährigen IWF- und Weltbank-Hauptversammlung war der Verkauf des IWF-Goldes, mit dem dieser verbilligte Kredite an die hochverschuldeten Länder finanzieren wollte. Dies wurde nicht beschlossen. Müßte Oxfam nun nicht auch mit dem IWF zusammen für eine Finanzierung dieser subventionierten Kredite kämpfen?
Durchaus nicht. Die Wirtschaftsprogramme des IWF sind gerade für die ärmsten Länder in Afrika absolut kontraproduktiv. Wenn Sie mich fragen, sollte der IWF sich zumindest aus Afrika komplett zurückziehen. Interview: Nicola Liebert
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