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Ost-Timor im Würgegriff der Polizei

Nach der Bekanntgabe der Friedensnobelpreisträger wächst der Druck auf Indonesiens Präsident. Menschenrechtskommission kritisiert Regierungstruppen. Muslime zünden Kirchen an  ■ Von Jutta Lietsch

Bangkok (taz) – Für Indonesiens Präsident Suharto war die Nachricht über den Friedensnobelpreis für Ost-Timors Bischof Carlos Belo und den Unabhängigkeitsaktivisten Jose Ramos-Horta ein Schock. Noch dazu kam das Votum aus Oslo für ihn zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Morgen will der Staatschef in die Hauptstadt Dili der 1976 annektierten Halbinsel fliegen. Dort wird er unter anderem an der Einweihung einer Jesus-Statue teilnehmen.

In Ost-Timor blieb es gestern ruhig. Polizei und Militär hatten ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Die Bevölkerung der Halbinsel, überwiegend Katholiken, hatte von dem Preis zunächst durch ausländische Radiosender und Flüsterpropaganda erfahren. Gestern wurde die Nachricht schließlich bei einer Messe öffentlich verkündet. Der von Jakarta eingesetzte Gouverneur Abilio Soares, der gemeinsam mit seinem Vize und dem örtlichen Polizeichef erschienen war, gratulierte dem Bischof, der in den vergangenen Jahren unermüdlich immer wieder die Menschenrechtsverletzungen durch indonesische Militärs und Polizei in Ost-Timor angeprangert hatte.

Das Wochenende brachte noch weitere unangenehme Nachrichten für die Regierung in Jakarta: Die staatliche Menschenrechtskommission kritisierte die Behörden in ihren Abschlußbericht über die Unruhen vom 27. Juli scharf. Damals hatten Einsatzkommandos das Hauptquartier der Demokratischen Partei (PDI) von Anhängern der Politikerin Megawati Sukarnoputri geräumt. Nach Angaben der Kommission kamen fünf Menschen bei dem gewaltsamen Einsatz ums Leben, 149 wurden verletzt. Von 23 Personen fehle bis jetzt immer noch jede Spur. Die Regierung habe sich exzessiv eingemischt und unverhältnismäßige Gewalt angewendet. 200 Anhänger einer rivalisierenden Fraktion der PDI, die mit der Polizei in das Parteigebäude gestürmt waren, müßten vor Gericht gestellt werden, heißt es in dem Bericht.

Megawatis Klage gegen die Polizei und ihre Parteirivalen haben die Richter in Jakarta allerdings mittlerweile abgewiesen.

Zu guter Letzt mußte die Regierung – die ihre autoritäre Herrschaft stets damit rechtfertigt, daß sie die Einheit des Landes und das Zusammenleben verschiedener Völker und Religionsgruppen schützen will – zugeben, daß es in den vergangenen Wochen wiederholt zu schweren Ausschreitungen gegen Christen gekommen ist, bei denen zahlreiche Kirchen zerstört wurden.

Gut 90 Prozent der 195 Millionen IndonesierInnen sind Muslime. Erst am Donnerstag hatten in der ostjavanischen Stadt Situbondo mehrere tausend aufgebrachte Muslime 10 Kirchen und Kirchengebäude angezündet. Fünf Christen wurden ermordet. Auslöser der Unruhen: Ein muslimischer Prediger war wegen „ketzerischer“ Äußerungen von einem Gericht verurteilt worden. Er soll sich in einer christlichen Kirche versteckt haben. Bei einer Pressekonferenz am vergangenen Samstag forderte der Gouverneur von Ostjava die Journalisten auf, die heikle Nachricht von den Kirchenbränden „zu vertuschen.“

Nach all den unangenehmen Vorfällen gibt es doch noch einen kleinen „Trost“ für Präsident Suharto: Washington will auch weiterhin seine F-16-Kampfflugzeuge nach Indonesien verkaufen. Die Flieger dienten nicht der Unterdrückung in Ost-Timor, sondern nur der Verteidigung des Landes, teilte die US-Regierung am vergangenen Freitag mit.

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